Vom Bankierszug und dem Exklaven-Leben

Das neue Heft gibt es zum Preis von drei Euro beim Heimatverein. | Foto: Schilp
  • Das neue Heft gibt es zum Preis von drei Euro beim Heimatverein.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Zehlendorf. Freunde der Lokalgeschichte können sich freuen: Das Zehlendorfer „Jahrbuch 2016“ ist erschienen. Ganz wie es der Untertitel verspricht, berichtet es über Altes und Neues von Menschen, Landschaften und Bauwerken.

Es ist der 20. Band der Jahrbuchserie, die seit 1996 vom Zehlendorfer Heimatverein herausgegeben wird. Das neue Heft ist gut 100 Seiten stark, reich bebildert und hat 13 Kapitel. Besonderer Pluspunkt: Alle Autoren schreiben unterhaltsam und sind Spezialisten auf ihrem Gebiet.

Zum Beispiel Herbert Liman, Bauingenieur und ausgewiesener Experte für Verkehrsgeschichte. Wohl kaum jemand könnte die spektakuläre Geschichte des Straßenbaus zwischen Steinstücken – zum Westteil der Stadt gehörend, aber von DDR-Gebiet umschlossen – und dem Berliner „Festland“ besser erzählen.

Elf Jahre nach dem Mauerbau, am 30. August 1972, hatte das komplizierte Exklaven-Leben der Steinstückener ein Ende. Fortan verband sie ein 20 Meter schmaler und rund ein Kilometer langer, asphaltierter Korridor mit Kohlhasenbrück. Die tagtäglichen Grenzkontrollen waren Geschichte.

Etliche andere Autoren kommen im Jahrbuch zu Wort. Stadtplaner Frank Rattay beispielsweise schreibt über die holländische Mühle an der Berliner Straße, Helena Steegmann hat sich während ihres Abiturs intensiv mit dem Mexikoplatz beschäftigt, der Journalist Christian van Lessen nimmt den Leser mit auf einen Spaziergang über den Teltower Damm und die Clayallee, wo ihm vieles, aber längst nicht alles gefällt.

In diesen Tagen, in denen viele Asylsuchende nach Berlin kommen, ist der Beitrag des Diplom-Religionspädagogen Matthias Aettner für viele sicherlich besonders interessant. Mit „Flucht ins Ungewisse“ ist sein Beitrag überschrieben. Er erzählt die Geschichte des Düppel Centers an der Potsdamer Chaussee. Hier betrieb die US-Armee von 1946 bis 1948 das berlinweit größte Durchgangslager für „displaced persons“, gemeint sind Überlebende des Holocausts und ehemalige Zwangsarbeiter, die keine Heimat mehr hatten.

Schließlich erfahren die Leser Wissenswertes über eine traditionsreiche Gartenbaufirma, über den Grunewald, einen wichtigen SPD-Parteitag und die Bekenntnisgemeinde Schlachtensee. Die letzen Kapitel sind der Wohngemeinschaft Camphill Schönow, dem Kunsthaus Dahlem, dem Fernmeldeturm auf dem Schäferberg und – ein Blick über die Grenze sei erlaubt – dem Herrenhaus Kleinmachnow gewidmet.

Dem Büchlein vorangestellt ist eine Zeittafel. Und bei deren Studium wird unter anderem klar, dass es heutzutage nicht immer schneller zugeht als früher. Vor 80 Jahren war es nämlich möglich, in sage und schreibe zehn Minuten von Zehlendorf in die Berliner Innenstadt zu fahren. Ohne Zwischenhalt und für ganze 25 Pfennig. Möglich machten es die sogenannten Bankierszüge, die ein Tempo von 120 Stundenkilometern erreichten – damals das schnellste Nahverkehrssystem der Welt.sus

Das „Jahrbuch 2016“, drei Euro gibt es beim Heimatverein Zehlendorf, Clayallee 355, Mo und Do 10-18, Di und Fr 10-14 Uhr. Infos unter 8022441 und E-Mail heimatverein.zehlendorf@googlemail.com.
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

29 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 250× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.010× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 659× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.150× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.034× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.