Freiwillige Arbeit abschaffen? Neue Gewerkschaft fordert mehr staatliches Handeln

Protest-Fahrradtour der GEFA am 5. Dezember, dem Tag des Ehrenamts. | Foto: Christian Vagt
  • Protest-Fahrradtour der GEFA am 5. Dezember, dem Tag des Ehrenamts.
  • Foto: Christian Vagt
  • hochgeladen von Stefanie Roloff

Berlin. Die Gewerkschaft für Ehrenamt und Freiwillige Arbeit (GEFA) setzt sich kritisch mit bürgerschaftlichem Engagement auseinander. Der Sozialstaat soll wieder mehr Verantwortung übernehmen.

Was ist die GEFA? Das Bündnis von ehrenamtlich Tätigen und freiwillig Engagierten mit Sitz in Berlin vertritt deren politische, soziale und kulturelle Interessen. Gegründet hat sich die Gewerkschaft vor dem Hintergrund des „Sommers der Migration“. Seit dieser Zeit engagieren sich zahlreiche Helfer für die Geflüchteten und übernehmen der GEFA zufolge Aufgaben, die „eigentlich in sozialstaatlicher Verantwortung“ liegen.

Wofür steht die GEFA? „Ehrenamt ist wie ein frisch gebackener Apfelkuchen. Alle finden’s gut!“, heißt es in einem Film der GEFA. Aber: „Es ist uns keine Ehre, eine Arbeit zu tun, die ohne den Abbau des Sozialstaats gar nicht notwendig wäre“, stellt die GEFA dazu fest. Und sie wehrt sich gegen die staatliche Indienstnahme von Freiwilligenarbeit. Auch mithilfe von Aktionen und Streiks wie am Tag des Ehrenamts am 5. Dezember. Die Vernetzung möglichst vieler Ehrenamtlicher ist ihr ein Hauptanliegen.

Was fordert die GEFA? Die Gewerkschaft kämpft dafür, „diejenigen gesellschaftspolitischen Bedingungen zu verändern, die Freiwilligenarbeit strukturell erst notwendig machen“. Unentgeltlich erbrachte und durch Spenden finanzierte Leistungen sollen überflüssig werden. Darüber hinaus fordert sie gleiche soziale Grundrechte wie den Zugang zur regulären Gesundheitsversorgung für alle, besonders für Geflüchtete.

Sind die Forderungen sinnvoll? Die Landesfreiwilligenagentur Berlin hält die Frustration durch die Asylpolitik und den Wunsch, Freiwillige zu entlasten, für „nachvollziehbar“. Das Ehrenamt überflüssig zu machen, sei aber keine Option. Als wichtig wird stattdessen die Zusammenarbeit aller Akteure angesehen, um Krisen im sozialen Bereich zukünftig besser zu lösen. Dass die freiwillige Arbeit dabei kein Ersatz für sozialstaatliches Handeln sein darf, das sieht auch die Landesfreiwilligenagentur so.

Was sagt das Land Berlin zu den Forderungen? Elke Breitenbach, die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales definiert bürgerschaftliches Engagement als eine „wichtige Säule für den Zusammenhalt unseres Gemeinwesens“. Zu unterscheiden sei zwischen staatlichen Pflichtaufgaben, die der Staat auch zu erfüllen hat, und dem ehrenamtlichen Engagement. „Wir wollen und können auf den ehrenamtlichen Einsatz nicht verzichten und dürfen die Helferinnen und Helfer dabei nicht alleine lassen,“ sagt sie.

Ist die GEFA überhaupt eine Gewerkschaft? Die Landesfreiwilligenagentur Berlin sieht in der Initiative keine Gewerkschaft, „denn die Definition von ,Ehrenamt’ schließt den engen Bezug auf ,Erwerbstätigkeit’ aus.“ Auch aus Gewerkschaftskreisen heißt es, dass der GEFA wesentliche Merkmale einer Gewerkschaft fehlten. Sie vertritt keine abhängig Beschäftigten, verhandelt keine Tarifverträge und kann keinen Streik im klassischen Sinne durchführen. „Auch unbezahlte Arbeit ist Arbeit,“ sagt hingegen Maria Ebert, Gründungsmitglied der GEFA. „Indem wir eine Gewerkschaft gründen, fordern wir ein, dass unsere Arbeit als Arbeit anerkannt wird und dass wir über deren Bedingungen reden.“

Wie können Interessierte mitmachen? Einzelpersonen und Organisationen, die sich freiwillig engagieren oder Solidarität mit den Freiwilligen zeigen wollen, finden auf der Webseite der GEFA ein Beitrittsformular. Mitglieder können online über eigene Aktionen und Veranstaltungen informieren. sr

Weitere Informationen gibt es im Internet auf gefa.online.
Autor:

Stefanie Roloff aus Friedenau

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 133× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 919× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 588× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.086× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.977× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.