Wenn das Baukollegium urteilt

Die ursprüngliche Fassade des ehemaligen Kaufhaus am Ostbahnhof ist schon jetzt zu großen Teilen abgetragen. | Foto: Thomas Frey
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Die Sitzung hat Anklänge einer Gerichtsverhandlung. Es geht zwar entspannter zu, aber eine gewisse Anspannung bei den Geladenen ist festzustellen. Bei denen handelt es sich um Architekten und Investoren, statt um Angeklagte oder Anwälte.

So auch bei der jüngsten Veranstaltung des Baukollegiums am 5. März in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Fehrbelliner Platz. Zwei Bauprojekte aus Friedrichshain-Kreuzberg standen dabei auf der Tagesordnung. Zum einen der Umbau des bisherigen Galeria-Kaufhof-Gebäudes am Ostbahnhof. Außerdem die Neubaupläne auf dem Grundstück Köpenicker Straße 11-12.

Das Baukollegium ist eine wichtige Instanz in Sachen Bauen und Bauästhetik in der Stadt. Es besteht aus sechs, teilweise international renommierten Mitgliedern. Dazu als Vorsitzende Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Sie fehlte bei diesem Termin wegen Krankheit. Ebenfalls nicht erschienen war Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne), der qua Amt geladen wurde.

In eigener Definition sieht sich das Baukollegium als Beratungsinstrument "für Probleme zur Qualifizierung von Projekten". Ebenso als Serviceleistung für die Bezirke. Aber gemeinhin wird ein Spruch dieser Weisen aus dem Planungsbereich nicht nur als ein gut gemeinter Ratschlag aufgefasst. Die Treffen sind in der Regel öffentlich. Besucher müssen sich allerdings vorher anmelden. Sie werden auch zum Verlassen des Raums aufgefordert, wenn das Gremium nach einer Vorstellung berät. Zum Verkünden des "Urteils" ist das Publikum dann wieder zugelassen. Es erhält über die konkreten Vorhaben hinaus auch einige Einblick in die Arbeitsweise und Befindlichkeiten dieser berufenen Expertenrunde.

Bauvorhaben Galeria Kaufhof: Wie mehrfach berichtet, wird das ehemalige Kaufhaus zu einem Büro- und Dienstleistungsquartier umgebaut. Kein Geheimnis mehr ist ebenfalls, dass der Online-Großhändler Zalando den größten Teil der Fläche nutzen wird. Im Erdgeschoss gebe es aber auch einen öffentlichen Bereich mit Restaurants, Geschäften, möglicherweise einer Apotheke, erläuterte Architekt Martin Jasper. Er ist im Auftrag des Signa-Konzerns, dem Eigentümer der Immobilie, für die Planung verantwortlich.

Jaspers größtes Problem war, das in der Grundfläche 80 mal 80 Meter große und bisher sechsgeschossige, weitgehend fensterlose Gebäude mit ausreichend Licht für künftige Arbeitsplätze zu versorgen. Die Lösung: Es wird nicht nur verglast, sondern Baumasse vertikal aus dem bisherigen Bestand herausgeschnitten. Die vier Keilschnitte separieren das Gebäude gleichzeitig in einzelne Teile, die aber vor allem parterre miteinander verbunden bleiben. Weil sich dadurch aber die bisherige Nutzfläche reduziert, soll es um zwei Staffelgeschosse erhöht werden, einschließlich einer Terrasse. Die werde auch deshalb möglich, weil die Haustechnik vom Dach in das Gebäude verlegt werde, erläuterte der Architekt.

Die zusätzlichen Etagen waren ein Anlass für Nachfragen und einige Einwände des Baukollegiums. Angemerkt wurde, dass sie nicht unbedingt mit der ansonsten geplanten Gestaltung des Objekts korrespondieren. Noch wichtiger war dem Gremium ein anderer Punkt. Das Vorhaben soll sich in den "Kontext" seiner Umgebung einfügen. Konkret gemeint ist damit der geplante Schulneubau des Bezirks auf dem bisherigen Parkplatz östlich des ehemaligen Kaufhaus sowie südlich davon, den auch Martin Jasper erwähnte. Dort soll, wie mehrfach berichtet, ein neuer Standort für das Heinrich-Hertz-Gymnasium entstehen. Über dieses Vorhaben wünschte sich das Baukollegium noch weitere Informationen.

Köpenicker Straße 11-12: Anders als beim Kaufhof-Gebäude, das inzwischen bereits entkernt wird, befindet sich dieses Vorhaben erst in der Vorphase für einen Bebauungsplan, wie Ruth Meister betonte. Sie ist Leiterin der Projektentwicklung bei Trei Real Estate, der Immobiliensparte des Tengelmann-Konzerns. Das Unternehmen ist auch Besitzer der Fläche.

Vorgesehen sind dort 170 Appartements für Mieter. 30 Prozent davon im preisgünstigen Segment, davon wiederum ein Anteil als betreutes Wohnen für Jugendliche. Ebenfalls Teil des Projekts sind zwei Geschäfte und eine Kita.

Geplant wird es vom Büro Tchoban Voss. Architekt Sergei Tchoban präsentierte seine Fassadenskizzen, die von einer Aufnahme der vorhandenen Gründerzeitbebauung an der Köpenicker Straße ausgehen, aber im weiteren Verlauf variieren. Auf den Zeichnungen war das einigermaßen nachzuvollziehen, weniger bei der vorgelegten Computersimulation. Was dann auch von Mitgliedern des Baukollegiums angemerkt wurde. Abgesehen davon stieß das Vorhaben grundsätzlich auf Wohlwollen. Das werde so auch an den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg weitergegeben.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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