HÖREN
Wenn Hörgeräte nicht ausreichen: Eine Alternative bieten Cochlea-Implantate
Schwerhörigkeit ist ein generationsübergreifendes Thema. Ein Blick auf die Funktionsweise unserer Ohren schafft Verständnis für das Problem.
Die Wellenbewegungen des Schalls werden über das äußere Ohr durch den Gehörgang geleitet. Sie versetzen das Trommelfell in Schwingungen, die über die Gehörknöchelchen des Mittelohrs 16-fach verstärkt und in Richtung des Innenohrs übertragen werden. Das Innenohr hat die Form einer Schnecke (lateinisch: Cochlea). Durch einen spiralförmigen, mit Flüssigkeit gefüllten Gang wandert die Druckwelle bis zur Spitze der Schnecke. Auf dem Weg innerhalb der Schnecke wird die sogenannte Basilarmembran verformt und erregt letztlich über 30 000 hochempfindliche Haarzellen. Hier wird die Bewegungsenergie umgewandelt und gelangt über den Hörnerv ins Gehirn.
Ein häufiger Grund für eine Schwerhörigkeit ist die Degeneration der Haarzellen im Innenohr. Im Alter ist das ein ganz natürlicher Prozess. Die Menschen geraten dadurch jedoch schnell in die Isolation. Durch moderne Hörgeräte kann der Schall so weit verstärkt werden, dass die verbleibenden Haarzellen Sprache, Geräusche und Musik an den Hörnerv weiterleiten können. Doch moderne Hörgeräte kommen an ihre Grenzen, wenn die Haarzellen zu weit degeneriert sind.
Seit etwa 25 Jahren gibt es gut funktionierende Hörimplantate, die stetig weiterentwickelt werden. Hinter dem Ohr wird unter der Kopfhaut ein Implantat mit einer Empfängerspule und einer Stimulationselektrode eingesetzt. Von da aus werden Signale über die im Innenohr sitzende Elektrode direkt an den Hörnerv abgegeben. Damit lässt sich ein Defekt an den Haarzellen umgehen. Der Hörnerv leitet die Signale direkt ins Gehirn. Erst dort entsteht dann eine Hörwahrnehmung.
Das Cochlea-Implantat selbst hat keine Batterie. Der außen hinter der Ohrmuschel liegende Audio- und Sprachprozessor mit Batterie und Senderspule übernimmt per Induktion die Stromversorgung des inneren Bauteils. Radiowellen übertragen die codierten Schallsignale.
„Doch der Patient muss im Anschluss an den Klinikaufenthalt mitarbeiten.“ Darauf weist Dr. Parwis Mir-Salim hin. Der Leiter des Hörzentrums Berlin im Vivantes Klinikum im Friedrichshain erklärt: „Es treffen keine Informationen der Haarzellen, sondern direkte elektrische Impulse auf den Hörnerv. Der Patient muss wie bei einer Fremdsprache lernen, diese neuen Signale im Gehirn als Sprache, Musik und Geräusche wahrzunehmen.“ Häufig trägt der Patient auf der einen Seite noch ein Hörgerät. Sein Gehirn muss die Schallverstärkung auf diesem Ohr erst mit den ungewohnten elektronischen Signalen auf dem „neuen Ohr“ in Einklang bringen. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass der Patient das Hör-Implantat zu einhundert Prozent will. Das lässt sich im Rahmen der Beratung in der Sprechstunde herausfinden. Kontraindikationen sind geistige Einschränkungen wie etwa eine Demenz.
Pro Jahr werden in Deutschland schätzungsweise 4500 bis 5000 Hörimplantate eingesetzt. Die Operation dauert etwa eineinhalb Stunden. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Dr. Parwis Mir-Salim freut sich über die großen Erfolge, von denen seine Patienten berichten. Gutes Hören ist die Voraussetzung, um aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Er selbst setzt etwa 100 Implantate pro Jahr ein. Sein jüngster Patient ist viereinhalb Monate, der älteste 94 Jahre alt.
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Autor:Jochen Mertens aus Mitte |
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