Eine Wohnanlage hat Geburtstag:
Vor 100 Jahren begann der Bau der Siedlung Elsengrund

Eine Fotobox von Nora Kaschuba und Eva Schifkowski zeigt historische und aktuelle Ansichten. | Foto: Ralf Drescher
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Im Jahr 1919, ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, rückten nördlich des Bahnhofs Köpenick die Baukolonnen an. In mehreren Bauabschnitten entstand dort bis 1925 die Siedlung Elsengrund.

Eine der ersten Maßnahmen der demokratischen Regierung der Weimarer Republik war die Verbesserung der Wohnsituation für große Teile der Bevölkerung. Für eine Reichsmark pro Quadratmeter stellte der Wohnungsverband der Stadt Köpenick die Grundstücke zur Verfügung, die sie dann durch die Berlinische Bodengesellschaft bebauen ließ. Deren Direktor war kein Geringerer als Hugo Kinzer, bis 1919 Köpenicker Stadtbaurat und Initiator von Bauten wie Köpenicker Rathaus, Straßenbahnhof in der Wendenschloßstraße und Köpenicker Krankenhaus. Architekt war der Schweizer Otto Rudolf Salvisberg (1882-1940).

Zum 100. Geburtstag der Siedlung haben sich Bezirk und Einwohner gemeinsam ein Geschenk gemacht. Entstanden ist die Ausstellung „Alle(s) unter einem Dach? 100 Jahre Siedlung Elsengrund als Sonderausstellung des Museums Köpenick. Neben dem Bezirksmuseum waren der Verein Bürger für das Märchenviertel und den Elsengrund sowie Studenten der Technischen Universität beteiligt. „Eine 95 Jahre alte ehemalige Bewohnerin hat uns von den Geschehnissen der Köpenicker Blutwoche im Jahr 1933 berichtet. Es ist beeindruckend, wie scharf die Erinnerungen der alten Dame noch waren. Sie hat berichtet, dass die Erwachsenen einen großen Bogen um das Haus der Familie Schmaus machten. Weil der Sohn Anton Schmaus in Notwehr zwei SA-Männer erschossen hatte, war dort eine sogenannte Ehrenwache der SA postiert worden. Weil viele Nachbarn nicht mit dem Hitlergruß grüßen wollten, nahmen sie nach Aussage der Zeitzeugin weite Umwege in Kauf“, berichtet Kuratorin Agathe Conradi.

Für die Ausstellung wurden Interviews geführt und ein Video produziert. Der Besucher kann an 28 Hörstationen Informationen und Zeitzeugenberichte abhören. Ein Teil der Ausstellung befasst sich mit dem Denkmalwert der Siedlung. Als die DDR die Anlage 1977 unter Denkmalschutz stellte, hatten viele der Eigentümer ihre Häuser schon verändert, moderne Türen eingebaut, Fenster ausgewechselt und Garagen errichtet. Noch in der Gegenwart kommt es vor, dass zwei Besitzer einer Doppelhaushälfte ihren jeweiligen Besitz in einer anderen Fassadenfarbe tünchen. Dieter Breitenborn, ein Fotograf und Autor der Berliner Zeitung, hatte das bereits 1978 kritisiert, wie eine Kopie des Zeitungsartikels in der Ausstellung beweist.

Derzeit wird im Auftrag der Unteren Denkmalschutzbehörde des Bezirks ein Denkmalpflegeplan für den Elsengrund erarbeitet, der als Handreichung für Hauseigentümer dienen soll. Bewohner der Siedlung haben sich aktiv in die Erarbeitung der Ausstellung eingebracht. Co-Kuratorin Karin Danyel (58) ist dort aufgewachsen und hat mehrere Ausstellungsstücke beigesteuert, unter anderem ein von der Großmutter gestricktes Kinderkleidchen. „Da habe ich bei der Vorbereitung der Ausstellung in eine Kiste im Keller gefunden. Ein Foto aus dem Album meiner Eltern zeigt mich mit dem Kleid im Sommer 1963“, erzählt die Köpenickerin.

Die Ausstellung ist noch bis Mai 2020 im Museum Köpenick, Alter Markt 1, zu sehen. Geöffnet ist bei freiem Eintritt Dienstag und Mittwoch von 10 bis 16 Uhr, Donnerstag von 10 bis 18 Uhr und Sonntag von 14 bis 18 Uhr.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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