Der Hauptmann ist sein Beruf
Jürgen Hilbrecht erinnert mit eigenem Theaterstück an die "Köpenickiade"
Jürgen Hilbrecht (75) ist der Hauptmann von Köpenick. Zumindest wurde er als dieser in den letzten 25 Jahren weit über den Bezirk hinaus bekannt.
Zugegeben, es gibt noch weitere Darsteller, die in preußischer Uniform an den Ganovenstreich des Schuhmachers Wilhelm Voigt vom 16. Oktober 1906 erinnern. Aber keiner tut das mit so viel Akribie und Ausdauer. „Schließlich ist der Hauptmann von Köpenick das Aushängeschild des Bezirks, am Rathaus erinnern ein Denkmal und eine Gedenktafel an ihn. Zwei Romane und mehrere Bücher sind seiner Lebensgeschichte gewidmet“ erklärt Jürgen Hilbrecht. Der Schauspieler ist gelernter Elektroinstallateur, hat bereits in seiner Jugend an Amateurtheatern gespielt und ab 1961 Schauspiel an der heutigen Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch studiert. Er war unter anderem an Theatern in Leipzig, Halle, Greifswald und Brandenburg engagiert.
Nach der Wende gehörte er zu den Wiederbegründern des Stadttheaters Cöpenick. Und nach dem Abtritt des dienstältesten „Hauptmanns“ Manfred Korth (1928-2013) Anfang des Jahrtausends und einem kurzen Zwischenspiel eines anderen Akteurs hat Hilbrecht bei offiziellen Anlässen immer wieder die Rolle übernommen, natürlich führt er auch den Festumzug zum Köpenicker Sommer an.
Am liebsten ist ihm aber sein eigenes Stück, dass ihm die Autoren Felix Huby und Hans Münch 2006 zum 100. Jahrestag der „Köpenickiade“ auf den Leib geschneidert haben. „Das ist ein Einpersonenstück, ich schlüpfe vor den Augen des Publikums auf der Bühne in 15 verschiedene Rollen. Unter anderem bin ich der kleine Wilhelm, mein Vater, meine liebe Mutter und später der Kriminalbeamte, der mich verhört und natürlich der Zuchthäusler Wilhelm Voigt“, erzählt Jürgen Hilbrecht. Bisher hat es rund 60 Aufführungen gegeben, mehrere Tausend Besucher haben sie gesehen.
Im Gegensatz zum Buch von Carl Zuckmeyer, der sein Werk selbst als modernes Märchen bezeichnete und Akteuren wie dem Bürgermeister sogar neue Namen verpasste, haben sich die Autoren Huby und Münch auf Wunsch von Hilbrecht näher an die wirkliche Lebensgeschichte von Wilhelm Voigt (1849-1922) gehalten. Seit Jahren setzt er sich dafür ein, mehr den echten Voigt in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Kritik gibt es trotzdem, zum 100. Todestag des Köpenicker Bürgermeisters Georg Langerhans im März erst meinte dessen Enkel, dass dem Berufsverbrecher Voigt mehr Aufmerksamkeit gewidmet würde als dem letzten Opfer des Ganoven.
Am 112. Jahrestag der „Köpenickiade“ können Sie Jürgen Hilbrecht wieder in seiner Paraderolle erleben. „Das Schlitzohr von Köpenick“ wird am 16. Oktober um 15 und 19 Uhr im Hauptmann-Klub 103,5, Wendenschloßstraße 103, gezeigt. Karten zu zehn Euro vor Ort oder unter Telefon 65 07 54 83.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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