Ein Legende verabschiedet sich
Gastwirt Detlef Pischel geht in Rente und schließt "Zum Hauptmann von Cöpenick"

Wirt Detlef Pischel mit dem Namenspatron. Die Figur übernimmt die Hausverwaltung für ihr neues Büro. | Foto: Ralf Drescher
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Über 100 Jahre konnten Köpenicker in der Oberspreestraße einkehren. Nun hat Wirt Detlef Pischel die Jalousie für immer heruntergelassen. Die Gaststätte „Zum Hauptmann von Cöpenick“ ist Geschichte.

Der heute 65-Jähige hatte ursprünglich bei der Gasag gearbeitet und war nach der Schließung der Gaswerke in Rummelsburg und in der Greifswalder Straße 1983 in die Gastronomie gewechselt. „Ein Jahr später habe ich eine seit Jahren geschlossen Gaststätte an der Oberspreestraße als Leiter übernommen und hier eine Bauarbeiterversorgung aufgebaut. Ab 5.30 Uhr gab es Frühstück, wir haben pro Tag rund 350 Arbeiter versorgt“, erzählt Pischel. Ab 1987 war die Gaststätte „Zur Tankstelle“ dann auch wieder abends geöffnet.

1990 hat Pischel das Lokal dann von der Handelsorganisation (HO) übernommen und privat geführt. „Ich musste kurz vor der Währungsunion rund 30 000 Ostmark zahlen, die hatte ich bei den Eltern und Bekannten gepumpt“, erinnert sich der Wirt. Mit D-Mark hat er dann Wochen später Toilette und Küche gefliest, damit alles bundesdeutschen Hygienevorschriften entsprach. Den letzten Namen bekam das Restaurant 2012, statt „Zur Tankstelle“ hieß es seitdem „Zum Hauptmann von Cöpenick“. „Der alte Name hörte sich einfach zu sehr nach Saufen an“, so Pischel. Ein früherer Defa-Regisseur baute ihm die Figur des falsche Hauptmanns, der fortan gleich neben dem Klavier saß. Im Lokal gab es Vorträge zur Köpenicker Geschichte und auch das Leben des Namenspatrons war Thema.

Wirt Detlef Pischel legt Wert darauf, dass er kein typisches Opfer der Corona-Krise ist. Im nächsten Jahr hätte er ohnehin das Lokal aufgegeben und den Ruhestand angetreten. „Der Verwalter hat mir einen Aufhebungsvertrag angeboten, bei dem ich mich nicht um Rückbau und Entsorgung kümmern muss. Was wäre, wenn es demnächst zu einer zweiten Welle von Erkrankungen kommt und Gaststätten wieder schließen müssen? So kann ich mich auch besser um meine 90 Jahre alte Mutter kümmern“ sagt Pischel. Einen Teil des Mobiliars und das Geschirr hat er an Freunde und Kleingärtnerkneipen verschenkt. Hin und wieder klingelt einer der Stammgäste, um sich zur Erinnerung ein paar Bierdeckel oder ein Glas abzuholen. Mehrere Skatvereine müssen sich nun eine neue Heimat suchen. Denn ein Lokal zieht nicht mehr ein. Die Hausverwaltung will hier ihr Facility Management unterbringen. Der Hauptmann von Köpenick bleibt aber vor Ort und wird als Maskottchen im Büro sitzen.

Das Haus Oberspreestraße 148, einst Berliner Straße 19 – wurde 1908 errichtet, bereits ein Jahr später öffnete hier die Gaststätte „Waldow“. Die Waldows blieben bis 1954, dann wurde rekonstruiert. Ab 1957 führte der HO-Kreisbetrieb das Lokal unter dem neuen Namen „Zur Tankstelle“, als Reminiszenz an die Minol-Station auf der anderen Straßenseite.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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