Zwei Rücktritte im Aufsichtsrat des Fußballvereins Türkiyemspor
Erster Anlass dafür war der Austritt von Jörg Steinert aus dem Aufsichtsrat und gleichzeitig aus dem Verein. Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD) war seit drei Jahren Mitglied des Kontrollgremiums. Im folgt jetzt der Aufsichtsratsvorsitzende Robert Schaddach. Der SPD-Politiker kündigte jetzt seinen Rückzug zum 1. November an.
Steinert begründete seine Demission mit einer "rückschrittlichen Entwicklung". Der Hauptanlass war der Versuch, die Freizeitmannschaft von Türkiyemspor vom Spielbetrieb abzumelden. Dieses Team kickt mit dem Logo des LSVD auf der Brust. Die Abmeldung wurde zwar vom Insolvenzverwalter verhindert, denn der Verein steht seit 2011 unter Zwangswirtschaft. Aber der Vorgeng macht aus der Sicht von Steinert deutlich, dass die bisher enge Kooperation mit dem Lesben- und Schwulenverband so anscheinend nicht mehr gewünscht wird. Auch auf andere Weise, so beklagt er, sei das erkennbar gewesen. So habe ein Mitglied des Aufsichtsrats regelmäßig die Sitzungen geschwänzt, wenn sie in den Räumen des LSVD stattgefunden haben.
Robert Schaddach bezieht sich bei seinem Schritt ebenfalls auf die Vorwürfe von Steinert. Das Eintreten nicht nur gegen Homophobie, sondern auch gegen Rassismus und für den Mädchenfußball seien zuletzt die entscheidenden Aushängeschilder von Türkiyemspor gewesen. Außerdem beklagt er die noch immer teilweise chaotischen Strukturen. Der Verein äußert sich offiziell nicht dazu. Inoffiziell ist die Rede davon, dass der Fußball im Mittelpunkt stehe und auf unterschiedliche Meinungen in der Mitgliedschaft Rücksicht genommen werden müsse. Übersetzt heißt das wohl: Mit dem offensiven Eintreten für Homosexuelle hatten einige Probleme.
Dabei gibt es ganz andere Sorgen. Auch nach drei Jahren ist das Insolvenzverfahren noch immer nicht abgeschlossen. Grund für den finanziellen Offenbarungseid waren die lange viel zu hochgesteckten Erwartungen im sportlichen Bereich. Denn Türkiyemspor bezog seinen Nimbus lange nicht nur aus seiner Tradition als Migranten- und Kreuzberger Kult-Club, sondern auch aus seinen einstigen Erfolgen. Anfang der 90er Jahre standen die Fußballer kurz vor dem Aufstieg in die zweite Bundesliga. Aber das ist lange her. Aktuell kickt der Verein in den unteren Gefilden der Berliner Landesliga.
Umso mehr stand das gesellschaftliche Engagement zuletzt im Vordergrund. Dafür gab es mehrfach Auszeichnungen, etwa den Integrationspreis des Deutschen Fußball Bundes. Dieses Bild hat jetzt Risse bekommen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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