Kunstwerke aus dem Keller gerettet
Neue Galerie zeigt Bilder von Arno Fleischer
Unweit des Bahnhofs Lichtenberg, in der Einbecker Straße 47, hat eine neue Galerie eröffnet.
Torsten Holze, Glasermeister und Inhaber der Firma Die Glaserei stellt in der „Galerie Arno Fleischer“ Kunstwerke aus, die er vor einiger Zeit im wahrsten Sinne des Wortes vor der Vernichtung gerettet hat. „Am Anfang stand ein Telefonat zur Entrümplung eines Kellers in Weißensee“, berichtet der Glasermeister. „Frau Fleischer rief in meiner Glaserei an und wollte altes Glas verschenken, das bei ihr im Keller herumstand. Nur abholen müsste ich es, wenn ich Interesse hätte, sagte sie. Warum nicht, dachte ich, anschauen kostet ja nichts.“
Dass sie sich von den Glasscheiben trennen wollte hing damit zusammen, dass ihr Mann, der Künstler Arno Fleischer verstorben war und sie nur Ordnung im Keller schaffen wollte. Torsten Holze erinnert sich: „Sie schloss die typische Altberliner Kellertür auf und mein erster Blick in die Runde ließ meinen Puls auf Sprinterniveau hochschnellen Der Kellerraum, so groß wie ein kleines Wohnzimmer, war bis unter die Decke voll mit Lithographien und Holzschnittdrucken, gerahmt und ungerahmt.“ Außerdem lagen im Keller noch Drucksteine herum. „Ich bin zwar weder Künstler, noch Kunsthistoriker, aber mir war klar, dass die Bilder unbedingt erhalten bleiben müssten. Manche Bilder kamen mir sogar noch bekannt vor, und zwar aus Schulbüchern“, so der Glasermeister. Er fragte Fleischer vorsichtig, ob er einige von den Bildern haben könnte. Diese sagte nur, dass in den nächsten Tagen eine Entrümplungsfirma kommt und alles entsorgt. Er dürfe sich gern mitnehmen, woran er Interesse hätte. „Keine Ahnung, wie oft ich gefahren bin, um die Kunstwerke aus dem Keller zu holen. Am Ende war jedenfalls mein Keller voll. Frau Fleischer sparte die Kosten für die Entrümpelung, und ich bin glücklich, einen Kunstschatz gerettet zu haben“
Zwischen Staatskunst
und Landschaftsmalerei
Arno Fleischer (1926 bis 2005) war ein DDR-bekannter Maler, Grafiker, Karikaturist und Plakatkünstler. Themen seiner Arbeiten waren vor allem das Eintreten gegen Ausbeutung und Krieg. Sie spiegeln seine eigene politische Positionierung in der DDR wieder. Besonders bekannt sind seine Holzschnitte, die sich eben auch in DDR-Schulbüchern fanden. Als staatsnaher Künstler, der auch viele Auftragswerke für die DDR-Oberen schuf, war er unter Kollegen, die eher Abstand zur Obrigkeit hielten, nicht unumstritten. Anders als manche anderen Maler und Grafiker konnte er problemlos seine Kunstwerke in Galerien ausstellen. Ganz anders als politisch war indes seine Landschaftsmalerei, in der er offenbar seine künstlerischen Ambitionen auslebte.
Glasermeister Torsten Holze hatte zwar den Kunstschatz mit unzähligen Bildern gerettet, aber er lagerte zunächst einige Jahre nur in seinem Keller. Vor vier Jahren begann er dann die Idee von einer Galerie zu entwickeln, in der er eine Auswahl der Bilder von Arno Fischer zeigen wollte. Im Erdgeschoss und Souterrain in einem Neubau, der im Hof seiner Werkstatt an der Einbecker Straße 47 entstand, richtete er die Galerieräume auf eigene Kosten ein. Ursprünglich sollten dort ein Materiallager und ein Büro entstehen. Aber es kam anders. Auf insgesamt 140 Quadratmetern sind nun rund 90 ausgewählte Exponate von Holzschnitten, Lithographien bis hin zu originalen Drucksteinen und Holzplatten zu sehen.
Startschuss für Kunstmeile
Manch ein Besucher der Galerie, und das zeigte sich bereits zur Eröffnung, wird zunächst etwas irritiert sein. Da finden sich an den Wänden zum Beispiel auch Bilder von Marx, Engels, Lenin, Thälmann und Sowjetsoldaten. Aber diese Grafiken sind ebenso Zeugnisse einer DDR-Kunstauffassung, wie die Bilder von Arbeiterpersönlichkeiten oder Ost-Berliner Stadtansichten aus den 1970er-Jahren. Stadtrat Martin Schaefer (CDU), der namens des Bezirksamtes an der Eröffnung der Galerie teilnahm, freute sich zum einen, dass Lichtenberg mit dieser in privater Initiative entstandenen Einrichtung eine neue Galerie hat, er regte aber zugleich an, sich mit gebührendem zeitlichen Abstand und mit kritischem Blick mit den Kunstwerken zu beschäftigen. Geöffnet ist die Galerie zu den Büroöffnungszeiten der Glaserei Montag bis Donnerstag von 9 bis 18 Uhr und Freitag von 9 bis 16 Uhr.
Mit der Eröffnung der "Galerie Arno Fleischer" wurde zugleich der Startschuss für die 10. Kunstmeile im Weitlingkiez gegeben. Bis zum 8. Mai sind entlang der Weitlingstraße und in deren Nebenstraßen wieder Kunstwerke in den Schaufenstern von Läden, Dienstleistungsbetrieben und sonstigen Einrichtungen zu sehen. Insgesamt 35 Künstlerinnen und Künstler stellen an 42 Orten im Kiez aus. Als künstlerischer Begleiter durch den Kiez wurde vom Künstler Georg Welke ein Katalog zusammengestellt, der in den Ausstellungsorten kostenlos erhältlich ist. Gemeinsam mit Christina Schröder gehört Welke zu den Initiatoren der Kunstmeile. Organisiert wurde diese 2023 von der Stadtteilkoordination Lichtenberg Mitte, dem AWO-Margarete-treff und weiteren Kunstbegeisterten aller Generationen aus dem Weitlingkiez.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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