Seniorinnen zeigen mit ehrenamtlichem Engagement ein Herz für die Kinderhilfe
Die Damen vom KinderKiezLaden

Beim Geburtstagsfest vor dem KiezKinderLaden waren ausnahmsweise fünf statt nur drei Frauen da: Edeltraut Häfner, Edeltraut Schreen, Barbara Fröbhlich, Fernanda Galley und Jutta Brose. | Foto: B. Müller
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  • Beim Geburtstagsfest vor dem KiezKinderLaden waren ausnahmsweise fünf statt nur drei Frauen da: Edeltraut Häfner, Edeltraut Schreen, Barbara Fröbhlich, Fernanda Galley und Jutta Brose.
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Vor einem Hochhaus in der Schulze-Boysen-Straße geht es an diesem Julinachmittag vergnüglich zu. Clown „Herzchen“ bespaßt kleine Kiezbewohner, es gibt Kuchen, Musik und Kuscheltiere gratis. Eltern plaudern im Schatten bei kühlen Getränken. Manche zeigen einander, was sie gerade im KiezKinderLaden gekauft haben. Dessen zehnter Geburtstag ist der Anlass für das kleine Fest.

Einfach bloß den Ruhestand genießen und auf der faulen Haut liegen? Das kam für Barbara Fröhlich nach einem erfüllten Arbeitsleben nicht infrage. Also begab sie sich auf die Suche nach einem Aushilfsjob – nicht zuletzt, um die Haushaltskasse ein bisschen aufzufüllen. „Eine Freundin hat mir dann von diesem Second-Hand-Laden für den guten Zweck erzählt und, dass dafür noch Leute gesucht werden“, erinnert sich die heute 75-Jährige. „Ich musste mir das erst einmal anschauen, war aber sofort begeistert. Obwohl ja klar war, dass ich damit gar kein Geld verdiene.“ Pech für die Haushaltskasse, Glück für Barbara Fröhlich.

Sortieren, Spenden entgegen nehmen, plauschen

Inzwischen ist sie seit neun Jahren dabei und will ihr Ehrenamt nicht mehr missen. Gemeinsam mit Jutta Brose (69) und Edeltraut Häfner (70) bildet sie das Mittwochs-Team im KiezKinderLaden, kurz KiKiLa, in der Schulze-Boysen-Straße 35-37. Jeweils von 12 bis 18 Uhr verkaufen die drei Seniorinnen dort Kinderkleidung plus Zubehör, Spielzeug und Schwangerenmode aus zweiter Hand. Sie sortieren die Sachen, nehmen Spenden entgegen, beraten bei der Auswahl. Zwischendurch bleibt immer Zeit für einen Plausch mit den Kunden. Dienstags und donnerstags öffnet der Laden auch, dann kommen andere Damen-Trios zum Einsatz.

Der KiKiLa ist ein Projekt des Vereins Kinderhilfe Berlin-Brandenburg, der sich um schwerkranke Kinder und ihre Familien kümmert. Seit zehn Jahren betreibt der Verein aus dem Wedding das Second-Hand-Lädchen im Plattenbaukiez südlich der Frankfurter Allee. Sämtliche Einnahmen gehen an seine Projekte – dank der ehrenamtlichen Hilfe von neun Seniorinnen und weil die Wohnungsbaugesellschaft Howoge keine Miete für die zwei Ladenräume verlangt.

Im KiKiLa darf auch gespielt werden

Stammkundin Juliane Chaabani spaziert gerade zur Tür herein, die drei Frauen am Tresen begrüßen sie wie eine gute Freundin. „Ich bin dem Laden von Anfang an treu, meine Älteste ist jetzt elf“, erzählt die junge Frau und fügt augenzwinkernd hinzu: „Ich behaupte immer, dass ich mir meine vier Kinder nicht leisten könnte, wenn ich hier nicht regelmäßig so günstig Kleidung für sie kaufen könnte.“ Während sie plaudert, befreit sich der jüngste Sproß aus ihrem Griff, wackelt noch etwas unsicher zum Spielzeugregal und schnappt sich ein Plastikauto. Die Frauen schauen gutmütig zu. Spielverbote gibt es nicht im KiKiLa.

Ein Blick auf die Preislisten verrät, dass die Sachen tatsächlich kaum preiswerter sein könnten. Das teuerste Kleidungsstück ist eine Winterjacke für sieben Euro. Auch Bettchen und Bezüge, Babyflaschen und Bücher – alles ist erschwinglich für Familien mit knappem Budget. Denn das komplette Sortiment besteht aus Spenden. „Unsere Stammkunden bringen regelmäßig wieder Sachen mit, die dem Nachwuchs nicht mehr passen oder gefallen“, erklärt Jutta Brose.

Auch auf anderen Wegen kommen die Gaben in die Schulze-Boysen-Straße. Vieles wird von Menschen gebracht, die den Trägerverein und sein Hilfsangebot kennen, schätzen und unterstützen. Die Kinderhilfe gibt es seit 1983. Damals gründete sich in Berlin eine Selbsthilfegruppe von Eltern krebskranker Kinder, die füreinander und für andere Betroffene da sein wollten. Inzwischen hat der Verein sein Engagement kräftig ausgebaut und gilt als große Stütze für Familien, die sich mit der schrecklichen Diagnose konfrontiert sehen.

Für einen kleinen Obolus

Unter anderem unterhält er drei Elternwohnungen in der Nähe des Virchow-Klinikums. Dort werden viele Kinder behandelt, die an Leukämie, Krebs oder einer anderen lebensbedrohlichen Krankheit leiden. „Die meisten Kinder kommen nicht aus Berlin“, sagt Pressereferentin Birgit Wetzig-Zalkind. „Ihre Eltern müssen dann über einen langen Behandlungszeitraum hier bleiben, und die wenigsten können sich auf die Dauer ein Hotel leisten.“ Für die Wohnungen der Kinderhilfe zahlen sie nur die Nebenkosten und einen kleinen Obolus pro Tag. Außerdem finanziert der Verein Beratungsstellen, Geschwisterprojekte, Nachsorge-Aufenthalte für Familien. Bisweilen springt er bei den Kosten für Prothesen ein. Oder kauft eine Waschmaschine. „Wenn ein Elternteil aufhört zu arbeiten, weil er sich um das kranke Kind kümmert, gerät die Familie schnell in finanzielle Nöte“, weiß die Referentin. „Dann ist es oft nicht mal drin, ein kaputtes Haushaltsgerät zu ersetzen.“ Außerdem bietet der Verein einen ambulanten Kinderhospizdienst an und hat ein Netzwerk für onkologische Fachberatung ins Leben gerufen. Wenn der schlimmste Fall eintritt und die Familie es nicht selbst bewältigen kann, organisiert und zahlt er die Beerdigung. All dies finanziert die Kinderhilfe aus Spenden. Die Einnahmen des Lichtenberger Kiezlädchens reichen dafür bei weitem nicht aus.

„Auch wenn es keine Unsummen sind, der ganze Erlös kommt genau dahin, wo er gebraucht wird“, sagt Barbara Fröhlich. Dann faltet sie drei Hemdchen zusammen und kassiert ihre nächste Kundin ab. Wie immer herrscht im KiKiLa auch am zehnten Geburtstag ein ständiges Kommen und Gehen. „Deshalb machen wir das so gern“, pflichtet ihr Jutta Brose bei. „Es ist eine wichtige, sinnvolle Aufgabe. Und nebenbei: Mein Mann ist ganz froh, dass er an einem Tag in der Woche seine Ruhe hat.“

„Wir erleben immer etwas Neues und haben so viel Spaß, der Laden ist ja ein Kieztreff geworden“, ergänzt Edeltraut Häfner. Offensichtlich versteht sich nicht nur das Trio bestens. Wenn sich die Frauen etwas wünschen dürften, dann wäre es mehr Achtsamkeit für die Spenden. „Wir können nur wirklich saubere und gut erhaltene Kleidung gebrauchen. Alles andere müssen wir wegwerfen, weil es keiner kauft. Und das ist ja nicht der Sinn der Sache.“

Der KiezKinderLaden öffnet dienstags bis donnerstags von 12 bis 18 Uhr, Infos über den Verein gibt es unter www.kinderhilfe-ev.de

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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