Paul Hirsch sabotierte und half Zwangsarbeitern
Erinnerung an einen Widerstandskämpfer

Am ehemaligen Transformationshäuschen der Askania-Werke, Großbeerenstraße 2, erinnert eine Gedenktafel an die Widerstandskämpfer. | Foto: Schilp
4Bilder
  • Am ehemaligen Transformationshäuschen der Askania-Werke, Großbeerenstraße 2, erinnert eine Gedenktafel an die Widerstandskämpfer.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Genau an seinem 75. Todestag, dem 21. August, wird an den Widerstandskämpfer Paul Hirsch erinnert. Unter ständiger Lebensgefahr organisierte er während der Nazi-Zeit mehr als fünf Jahre lang eine illegale Betriebszelle in den Mariendorfer Askania-Werken.

Im Jahr 1938 beginnt der gelernte Werkzeugmacher bei Askania zu arbeiten, das Werk hat seinen Sitz zwischen der Großbeeren- und Ringstraße. Der Dreißigjährige wohnt mit seiner Familie nicht weit entfernt, am Pilatusweg, im Haus seines Schwiegervaters. Paul Hirsch ist ein politischer Mensch: Er ist Mitglied in sozialistischen Gewerkschaften und der Kommunistischen Partei gewesen, bis die Nazis die Verbände verboten haben.

50 Askania-Angestellte halfen mit

Bei Askania kommt er schnell in Kontakt mit einer der größten Berliner Widerstandsgruppen, der Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation. Zusammen mit zwei Mitstreitern leitet Hirsch die Betriebszelle, der rund 50 Angestellte und Arbeiter angehören. Sie organisieren Sabotageaktionen, denn Askania ist inzwischen ein Rüstungsbetrieb, in dem unter anderem Bordinstrumente für die Luftwaffe produziert werden.

Außerdem verteilt die Gruppe Lebensmittel an die Zwangsarbeiter, die hier in Baracken leben, sie drucken Flugblätter und sammeln Geld, um Verfolgte zu unterstützen.

Paul Hirsch gelingt die Flucht
vor dem Prozess

Doch der Gestapo gelingt es, einen Spitzel in die Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation zu schleusen, Mitte 1944 werden berlinweit mehr als 280 Mitglieder verhaftet. Auch Paul Hirsch sitzt monatelang im Gefängnis und wird bei Verhören gefoltert, genauso wie 25 Mariendorfer Kollegen. Sieben von ihnen werden vor dem Volksgerichtshof zum Tod verurteilt. Paul Hirsch hat Glück: Am 28. November gelingt ihm auf dem Weg zu seinem Prozess die Flucht.

In Berlin konnte er sich nicht verstecken, also machte er sich auf den Weg in Richtung Osten. Was dann passierte, gilt als nicht geklärt: Entweder griff ihn eine Wehrmachtsstreife in Schlesien auf und schickte ihn an die Ostfront oder er ging freiwillig in russische Kriegsgefangenschaft. Er starb in einem sowjetischen Lazarett an der Folge der Verletzungen, die ihm die Gestapo in der Haft zugefügt hatte.

Gedenktafel an der Großbeerenstraße

Heute erinnert eine Tafel vor dem ehemaligen Transformatorenhäuschen der Askania-Werke, Großbeerenstraße 2, an den Arbeiterwiderstand. Überschrieben ist sie mit einem Satz, den Karl Ladé, Mitstreiter von Hirsch, in einem Brief aus der Todeszelle schrieb: „Die Freiheit, sie ist das Erntegut.“

Wer mehr wissen möchte: am Freitag, 21. August, von 17 bis 19 Uhr laden das Unternehmensnetzwerk Großbeerenstraße und andere Organisationen zu einer Online-Veranstaltung ein. Zuerst wird Helmut Hirsch über seinen Vater sprechen. Danach ist Zeit für Gespräche. Die Teilnahme ist möglich per Zoom-Link (https://us02web.zoom.us/j/84658634047) oder telefonisch unter 030/ 56 79 58 00.

Weitere Informationen unter info@netzwerk-Grossbeerenstrasse.de.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 247× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 66× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.