Gut für das Gehirn
Beim 1. VfL Fortuna Marzahn spielen an Demenz Erkrankte mit Angehörigen Tischtennis

Jürgen Schäffner, Trainer und Leiter der Abteilung "Tischtennis - Gesundheitssport" beim 1. VfL Fortuna Marzahn, hat die Trainingsruppe aufgebaut. Er hilft Menschen mit Demenz, die fortschreitende Erkrankung durch Sport zu verlangsamen. | Foto:  Philipp Hartmann
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  • Jürgen Schäffner, Trainer und Leiter der Abteilung "Tischtennis - Gesundheitssport" beim 1. VfL Fortuna Marzahn, hat die Trainingsruppe aufgebaut. Er hilft Menschen mit Demenz, die fortschreitende Erkrankung durch Sport zu verlangsamen.
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Beim Tischtennis ist Reaktionsschnelligkeit besonders gefragt. Diese Fähigkeit würde man einem Demenzkranken wohl kaum zutrauen. Wer jedoch einmal in der Demenzsportgruppe des 1. VfL Fortuna Marzahn den Spielern beim Training zusieht, wird sofort eines Besseren belehrt.

Durchaus gefällig fliegen die Bälle hin und her. Der Spaß ist den Beteiligten anzusehen. Genau darum soll es gehen. Studien haben belegt, dass es für den Verlauf von Demenz es förderlich ist, körperlich, geistig und sozial möglichst lange aktiv zu bleiben. Gewohnte Aktivitäten wie in einem Sportverein sollten demnach möglichst lange aufrechterhalten oder nach der Diagnose sogar mit neuen Aktivitäten begonnen werden. Demenz ist zwar eine unheilbare Krankheit, wovon in Deutschland etwa 1,6 Millionen Menschen betroffen sind. Durch die regelmäßige Bewegung kann das Fortschreiten jedoch verlangsamt werden. Die motorischen Verbesserungen können sich zudem positiv auf die Lebensqualität auswirken. Ende 2020 startete deshalb das vom Bund geförderte Projekt „Sport bewegt Menschen mit Demenz“ des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, woran sich der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) beteiligt.

Die an Demenz erkrankten Dieter M. und Wilhelm E. (mit dem Rücken zur Kamera) beim Trainingsspiel mit Heinz Kranitz (guter Freund von Wilhelm E.) und Jürgen Schäffner (Abteilungsleiter "Tischtennis - Gesundheitssport" beim 1. VfL Fortuna Marzahn, hinten rechts) beim Trainingsspiel. | Foto: Philipp Hartmann
  • Die an Demenz erkrankten Dieter M. und Wilhelm E. (mit dem Rücken zur Kamera) beim Trainingsspiel mit Heinz Kranitz (guter Freund von Wilhelm E.) und Jürgen Schäffner (Abteilungsleiter "Tischtennis - Gesundheitssport" beim 1. VfL Fortuna Marzahn, hinten rechts) beim Trainingsspiel.
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Bei Fortuna Marzahn können Demenzkranke seit dem vergangenen Jahr mit ihren Angehörigen gemeinsam Sport treiben. Mittlerweile besteht die Demenzgruppe aus zwölf Mitgliedern. Eingeführt hat das Angebot Jürgen Schäffner. Der 68-Jährige trat im April 2020 dem Verein bei, um Gesundheitssport anzubieten. Ein paar Monate später meldete sich der DTTB bei ihm mit dem Vorschlag, Tischtennis für Demenzkranke in sein Programm aufzunehmen. Zunächst habe er nicht gewusst, wie er mit Betroffenen umgehen soll. Er habe sich dann aber in das Thema eingearbeitet. Inzwischen hat er viel Expertise gesammelt und die eigenständige Abteilung „Tischtennis – Gesundheitssport“ im Verein gegründet.

Beim 90-minütigen Training jeden Dienstag ab 10 Uhr in der Sporthalle Allee der Kosmonauten 119a achtet Jürgen Schäffner auf eine gründliche Erwärmung der Teilnehmer. Es werden verschiedene Koordinationsübungen durchgeführt, zum Beispiel das Balancieren eines Tischtennisballs auf dem Schläger in der Kniebeuge. Danach wird mit wechselnden Partnern gespielt. Dabei geht es jedoch nicht darum, den Kontrahenten in die Ecken zu schicken und zu schmettern. Vielmehr soll der Ball möglichst lang im Spiel gehalten werden. „Demente ziehen sich oft zurück in die Einsamkeit“, erzählt er. Der Sport bringe sie zusammen.

Gespielt wird in der Sporthalle Allee der Kosmonauten 119a. | Foto: Philipp Hartmann
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Jutta S. (76) kommt regelmäßig mit ihrem an Demenz erkrankten Mann Frank (77) zum Training vorbei. Für das Paar aus Marzahn ist das Tischtennisspielen eine willkommene und angenehme Abwechslung im Alltag. „Es ist eine Möglichkeit, dass Erkrankte und Angehörige etwas gemeinsam tun, das Spaß macht“, sagt sie. Ihr Mann empfinde viel Freude dabei. Positiv sei, dass der Geist durch die Bewegung solange wie möglich gefordert werde. Ein gewisser Ehrgeiz sei dabei immer noch vorhanden.

Auch Wilhelm E. aus Weißensee ist von Demenz betroffen. Mit 60 Jahren ist er der Jüngste der Trainingsgruppe. Das Sprechen fällt ihm nicht leicht, immer wieder sucht er nach Worten. Doch er bestätigt, dass ihm Tischtennis viel Spaß macht. Sein guter Freund Heinz Kranitz (64) holt ihn jede Woche mit dem Auto ab und bringt ihn danach auch wieder zurück. Die Erkrankung seines Freundes, so erzählt Kranitz, sei während des Trainings kein Thema. Durch die Spielfreude in diesem Moment könnten sie die fortschreitende Demenz vergessen. Und Wilhelms Frau könne währenddessen einmal für sich allein sein. Auch das sei wichtig, denn Demenz stelle eine große Belastung für die Angehörigen dar.

Jutta S. kommt mit ihrem an Demenz erkrankten Mann Frank regelmäßig zum Training. | Foto: Philipp Hartmann
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Bisher ist Fortuna Marzahn der einzige Sportverein in Marzahn-Hellersdorf mit einem solchen Angebot. Bei der diesjährigen Mitgliederversammlung des Bezirkssportbunds am 11. Oktober wird Jürgen Schäffner jedoch vor Vertretern aller Sportvereine aus dem Bezirk über seine Erfahrungen berichten. Er hofft, dadurch andere Vereine zu ermutigen, zukünftig eigene Angebote für Demenzkranke zu organisieren. Schäffner schlägt außerdem eine beim Bezirkssportbund angesiedelte „AG Demenz“ vor. Ehrenamtliche aus den Sportvereinen und Vertreter aus der Demenzberatung sollen dabei regelmäßig zu Beratungen zusammenkommen.

Kontakt zu Jürgen Schäffner unter 0160/93 45 58 54 und per E-Mail an tischtennis@vfl-fortuna-marzahn.de.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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