Dreckloch statt Wohnungen
Anwohner der Fischerinsel ärgern sich über WBM-Baustelle, die zur Müllhalde verkommen ist
Bereits vor vier Jahren hat die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) den bisherigen Parkplatz auf dem Eckgrundstück Fischerinsel und Mühlendamm gesperrt und 84 Bäume gefällt. Die Arbeiten für das Neubaukarree beginnen jedoch frühestens Ende des Jahres. Die Baugrube ist seit Jahren eine Müllhalde.
Die Bewohner auf der Fischerinsel ärgern sich über eine Müllhalde direkt vor ihrer Haustür. Wo einst ihre Autos unter grünen Bäumen parkten, türmt sich der Müll hinterm Bauzaun. Obdachlose haben schon ihre Lager aufgeschlagen. Vor kurzem hat ein Tourist Eckhard Frenzel gefragt, warum Berlin so dreckig ist. Der Sprecher der Interessengemeinschaft (IG) Fischerkiez hat sich jetzt bei der WBM über den Zustand der Baugrube beschwert und für eine Reaktion gesorgt.
Frenzel hat der WBM vorgeschlagen, dass die Anwohner einen Arbeitseinsatz auf dem Baugelände machen würden, um den Schandfleck zu beseitigen. Doch das müssen die Inselbewohner nicht, wie WBM-Sprecher Christoph Lang an Eckhard Frenzel schreibt. Eine Firma werde in den kommenden Tagen die Baugrube säubern. Am 26. Februar waren schon Gartenarbeiter da, um den Wildwuchs zu roden. „Genau das wollten wir eigentlich nicht. Das Grün hat den Müll bisher wenigstens verdeckt“, sagte Frenzel den Arbeitern.
WBM musste zweimal planen
Auf dem Grundstück will die WBM ein achtgeschossiges Häuserensemble mit 210 Wohnungen errichten. Die Pläne für ein Wohnprojekt auf dem historischen Eckgrundstück gibt es seit mehreren Jahren. Ursprünglich sollte eine u-förmige Blockrandschließung entlang Fischerinsel und Mühlendamm mit acht Geschossen entstehen, aus deren Sockel am Mühlendamm zur Mühlendammbrücke hin ein 19-geschossiges Hochhaus (58 Meter) empor wächst. Mit dem Wohnturm hatte das Berliner Architekturbüro DMSW 2015 den europaweiten Wettbewerb von Senat und WBM gewonnen. Doch gegen das Hochaus gab es massiven Widerstand. Der Grund: Verschattung, eingeschränkte Durchlüftung und Wegfall der Parkplätze. Im Planwerk Innere Stadt der Senatsbauverwaltung von 1999 war an der Stelle auch kein Hochhaus vorgesehen.
Nach Bürgerprotesten hatte sich der WBM-Aufsichtsrat 2017 dann gegen den Wohnturm entschieden. Realisiert wird der Entwurf des Drittplatzierten aus dem Wettbewerb. Für das Projekt der Hamburger Blauraum Architekten hatte sich auch die Fischerinsel-Initiative ausgesprochen. Durch die Umplanungen hat sich das gesamte Vorhaben um Jahre verzögert. „Wir haben zwei Mal am selben Standort geplant“, sagt Christoph Lang.
Eine Baugenehmigung hat die WBM seit Dezember. Ende des Jahres soll es nun losgehen. Wenn nichts mehr dazwischen kommt, soll das Fischerinsel-Karree im Sommer 2023 fertig sein. In den Häusern entstehen 210 Wohnungen; die Hälfte davon zu geförderten Mieten von 6,50 Euro nettokalt pro Quadratmeter. In den Erdgeschossen soll es Läden und Restaurants geben. Außerdem sind 49 möblierte Appartements, davon sieben Studenten-WGs, geplant. In dem Komplex wird es auch eine Kita und einen begrünten Innenhof mit zwei Spielplätzen geben. Die Dächer werden ebenfalls begrünt.
Archäologen müssen nochmal ran
Das Wohnhaus entsteht am ehemaligen Cöllnischen Fischmarkt gegenüber dem Petriplatz. Der Ort ist der älteste der Stadt und gilt als Wiege Berlins. Archäologen haben bereits 2016 auf dem Baufeld gebuddelt und zum Beispiel eine mittelalterliche Latrine gefunden. Alle freigelegten Fundamente wurden vor dem Baubeginn dokumentiert. Über die archäologischen Grabungen wurde auf dem Bauzaun und bei Führungen informiert. „Die Grabungen sind aber noch nicht abgeschlossen. Ende 2020 geht es mit der Fertigstellung der Baugrube auch mit den Arbeiten der Archäologen weiter“, heißt es auf der Website.
„Auch wir als WBM wünschen uns, dass die Arbeiten auf dem Baufeld der Fischerinsel nun bald fortgesetzt werden und sähen dort heute lieber Bauarbeiter und Kräne als ein leeres Grundstück“, schreibt WBM-Sprecher Lang an die Fischerkiez-Initiative. „Schließlich wollen wir hier 210 dringend benötigte, bezahlbare Wohnungen in der Innenstadt bauen“.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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