Dreckloch statt Wohnungen
Anwohner der Fischerinsel ärgern sich über WBM-Baustelle, die zur Müllhalde verkommen ist

Eckhard Frenzel von der IG Fischerkiez ärgert sich über die seit Jahren eingezäunte und vermüllte WBM-Baugrube. | Foto: Dirk Jericho
5Bilder
  • Eckhard Frenzel von der IG Fischerkiez ärgert sich über die seit Jahren eingezäunte und vermüllte WBM-Baugrube.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Bereits vor vier Jahren hat die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) den bisherigen Parkplatz auf dem Eckgrundstück Fischerinsel und Mühlendamm gesperrt und 84 Bäume gefällt. Die Arbeiten für das Neubaukarree beginnen jedoch frühestens Ende des Jahres. Die Baugrube ist seit Jahren eine Müllhalde.

Die Bewohner auf der Fischerinsel ärgern sich über eine Müllhalde direkt vor ihrer Haustür. Wo einst ihre Autos unter grünen Bäumen parkten, türmt sich der Müll hinterm Bauzaun. Obdachlose haben schon ihre Lager aufgeschlagen. Vor kurzem hat ein Tourist Eckhard Frenzel gefragt, warum Berlin so dreckig ist. Der Sprecher der Interessengemeinschaft (IG) Fischerkiez hat sich jetzt bei der WBM über den Zustand der Baugrube beschwert und für eine Reaktion gesorgt.

Frenzel hat der WBM vorgeschlagen, dass die Anwohner einen Arbeitseinsatz auf dem Baugelände machen würden, um den Schandfleck zu beseitigen. Doch das müssen die Inselbewohner nicht, wie WBM-Sprecher Christoph Lang an Eckhard Frenzel schreibt. Eine Firma werde in den kommenden Tagen die Baugrube säubern. Am 26. Februar waren schon Gartenarbeiter da, um den Wildwuchs zu roden. „Genau das wollten wir eigentlich nicht. Das Grün hat den Müll bisher wenigstens verdeckt“, sagte Frenzel den Arbeitern.

WBM musste zweimal planen

Auf dem Grundstück will die WBM ein achtgeschossiges Häuserensemble mit 210 Wohnungen errichten. Die Pläne für ein Wohnprojekt auf dem historischen Eckgrundstück gibt es seit mehreren Jahren. Ursprünglich sollte eine u-förmige Blockrandschließung entlang Fischerinsel und Mühlendamm mit acht Geschossen entstehen, aus deren Sockel am Mühlendamm zur Mühlendammbrücke hin ein 19-geschossiges Hochhaus (58 Meter) empor wächst. Mit dem Wohnturm hatte das Berliner Architekturbüro DMSW 2015 den europaweiten Wettbewerb von Senat und WBM gewonnen. Doch gegen das Hochaus gab es massiven Widerstand. Der Grund: Verschattung, eingeschränkte Durchlüftung und Wegfall der Parkplätze. Im Planwerk Innere Stadt der Senatsbauverwaltung von 1999 war an der Stelle auch kein Hochhaus vorgesehen.

Nach Bürgerprotesten hatte sich der WBM-Aufsichtsrat 2017 dann gegen den Wohnturm entschieden. Realisiert wird der Entwurf des Drittplatzierten aus dem Wettbewerb. Für das Projekt der Hamburger Blauraum Architekten hatte sich auch die Fischerinsel-Initiative ausgesprochen. Durch die Umplanungen hat sich das gesamte Vorhaben um Jahre verzögert. „Wir haben zwei Mal am selben Standort geplant“, sagt Christoph Lang.

Eine Baugenehmigung hat die WBM seit Dezember. Ende des Jahres soll es nun losgehen. Wenn nichts mehr dazwischen kommt, soll das Fischerinsel-Karree im Sommer 2023 fertig sein. In den Häusern entstehen 210 Wohnungen; die Hälfte davon zu geförderten Mieten von 6,50 Euro nettokalt pro Quadratmeter. In den Erdgeschossen soll es Läden und Restaurants geben. Außerdem sind 49 möblierte Appartements, davon sieben Studenten-WGs, geplant. In dem Komplex wird es auch eine Kita und einen begrünten Innenhof mit zwei Spielplätzen geben. Die Dächer werden ebenfalls begrünt.

Archäologen müssen nochmal ran

Das Wohnhaus entsteht am ehemaligen Cöllnischen Fischmarkt gegenüber dem Petriplatz. Der Ort ist der älteste der Stadt und gilt als Wiege Berlins. Archäologen haben bereits 2016 auf dem Baufeld gebuddelt und zum Beispiel eine mittelalterliche Latrine gefunden. Alle freigelegten Fundamente wurden vor dem Baubeginn dokumentiert. Über die archäologischen Grabungen wurde auf dem Bauzaun und bei Führungen informiert. „Die Grabungen sind aber noch nicht abgeschlossen. Ende 2020 geht es mit der Fertigstellung der Baugrube auch mit den Arbeiten der Archäologen weiter“, heißt es auf der Website.

„Auch wir als WBM wünschen uns, dass die Arbeiten auf dem Baufeld der Fischerinsel nun bald fortgesetzt werden und sähen dort heute lieber Bauarbeiter und Kräne als ein leeres Grundstück“, schreibt WBM-Sprecher Lang an die Fischerkiez-Initiative. „Schließlich wollen wir hier 210 dringend benötigte, bezahlbare Wohnungen in der Innenstadt bauen“.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 98× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 82× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 170× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 564× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.