Wenn der Alarm chronisch wird: Den Schmerz kontrollieren lernen

Medikamente sind nicht die einzige Möglichkeit für Schmerzpatienten, den Alltag zu meistern. | Foto: Kai Remmers
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Schmerzen sind ein Alarmsignal. Der Körper tut kund, dass etwas nicht stimmt. Doch manchmal bleibt der Schmerz, obwohl die eigentliche Ursache längst behoben ist. Der Schmerz wird chronisch – und bei vielen Betroffenen zum lebenslangen, oft quälenden Begleiter.

"Von chronischen Schmerzen sprechen wir immer dann, wenn sie länger andauern, als es der Heilungsprozess erwarten ließe", sagt Gerhard Müller-Schwefe. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin. Die verantwortlichen Mechanismen sind weitgehend erforscht: "Durch wiederholte Schmerzerfahrung verändern sich die Steuerprozesse beim Weiterleiten der Signale: Nerven reagieren auch schon auf geringe Reize oder produzieren die Schmerzinformation sogar selbst." Vermeintlich harmlose Berührungen können dann wehtun. Oder es treten Schmerzen auf, ohne dass auf den ersten Blick ein Auslöser dafür erkennbar ist.

Auch psychische Belastungen können eine Rolle spielen: "Sie führen dazu, dass die Filterfunktionen der körpereigenen Schmerzkontrolle nicht mehr funktionieren und Schmerzreize unkontrolliert durchgeschaltet werden".

Für die Betroffenen bedeutet das oft eine frustrierende Odyssee von Arzt zu Arzt. Bei Heike Norda begann sie mit einem Fahrradunfall. Das verletzte Knie musste mehrfach operiert werden, bei einem der Eingriffe wurde ein Nerv geschädigt, erzählt die Gründerin und Leiterin der Selbsthilfegruppe Chronischer Schmerz im schleswig-holsteinischen Neumünster. Seitdem hat sie Schmerzen, jeden Tag, seit 30 Jahren.

Sie ging zu verschiedensten Ärzten und hoffte, dass sie die Ursache diagnostizieren und die Schmerzen lindern könnten. "Aber es gab nichts, was man mit bildgebenden Verfahren hätte darstellen können". Die einzige Möglichkeit, den Alltag einigermaßen zu bewältigen, waren sehr starke Schmerzmittel mit massiven Nebenwirkungen. Eine entscheidende Wende brachte der Aufenthalt in einer Schmerzklinik. "Ein Arzt sagte mir: ’Sie werden den Schmerz ein Leben lang haben. Sie müssen es deshalb schaffen, dass Sie den Schmerz kontrollieren und nicht umgekehrt.’"

Denn die Hoffnung, dass die Schmerzen mit der richtigen Behandlung wieder verschwinden werden, muss auch Prof. Winfried Meißner, Leiter der Sektion Schmerztherapie am Universitätsklinikum Jena, seinen Patienten meist nehmen. "Ziel der Behandlung ist es nicht, den Schmerz zu beseitigen – das wird bei chronischen Schmerzen nicht mehr gelingen", erläutert er. Es geht stattdessen darum, die Betroffenen im Umgang mit ihrer Krankheit zu schulen, "ihnen zu zeigen, welche Aktivitäten sie in Gang setzen müssen, damit sie sich besser fühlen und auch wieder leistungsfähiger werden".

Lässt sich chronischem Schmerz vorbeugen? Wichtig sei vor allem, dass akute Schmerzen schnell und konsequent behandelt werden, betont Gerhard Müller-Schwefe. "Nur so lassen sich die Lernprozesse im Gehirn verhindern, die zu chronischem Schmerz führen können."

Doch Schmerz werde oft nicht ernst genug genommen, ist die Erfahrung, von Heike Norda. "Man muss als Schmerzpatient viel kommunizieren, mit den Ärzten, mit Freunden und Familie, am Arbeitsplatz. Denn es sieht ja niemand, wann und warum es einem schlechtgeht".mag

Selbsthilfegruppen in Berlin fasst die Selbsthilfe Kontakt und Informations Stelle SEKIS,  892 66 02, auf ihrer Internetseite unter http://asurl.de/12rc zusammen.
Medikamente sind nicht die einzige Möglichkeit für Schmerzpatienten, den Alltag zu meistern. | Foto: Kai Remmers
Heike Norda (Mitte) musste nach einem Fahrradunfall mehrfach am Knie operiert werden. Seitdem hat sie chronische Schmerzen. Sie ist Gründerin der Selbsthilfegruppe "Chronischer Schmerz" in Neumünster. | Foto: Markus Scholz
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Ratgeber-Redaktion aus Mitte

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