Mit Bernd S. Meyer den Mierendorffplatz entdecken
Das Becken gehört zu einer Grünanlage, die 1912 von Stadtgartendirektor Erwin Barth gestaltet worden ist. Damals hieß es, der Platz im sogenannten Reformationsviertel, nach dem Schwedenkönig Gustav-Adolf benannt, sei als grüne Lunge einer Wohngegend einfacher Leute geplant worden. Einfache, aber nicht arme Leute. Die waren hier eher selten. Die Stadt Charlottenburg wurde seit der Gründerzeit nach dem Pro-Kopf-Steueraufkommen zur reichsten Stadt Preußens. Nach dem 2. Weltkrieg war das Areal zuerst mit Kleingärten bedeckt, ehe 1950 wieder eine Grünanlage angelegt und der Platz nach dem Sozialdemokraten Carlo Mierendorff benannt wurde. Der hatte im letzten gewählten Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis gestimmt, wurde in Konzentrationslagern gequält und gehörte später zum Kreisauer Kreis, der den Aufstand gegen Hitler vorbereitete.
An der Westseite des Mierendorffplatzes bestimmen ganz andere historische Zeiträume. Denn den modernen Kirchbau Ecke Mindener Straße besitzt seit einem Jahrzehnt die syrisch orthodoxe Gemeinde Mor Afren. Auf dem südlich anschließenden Platzdreieck findet jeden Sonnabend ein Wochenmarkt statt. Mitten im Marktgetümmel hält sich wacker eine der letzten gelben Telefonzellen Berlins, umfunktioniert zur "BücherboXX" nach dem Motto "Bring ein Buch, nimm ein Buch, lies ein Buch!"
Einige Dutzend Meter entfernt, in der Mierendorffstraße, präsentiert sich in zwei Schaufenstern die Außenstelle des Museums für sanitäre Archäologie. Zu sehen sind etwa Bourdalous aus Porzellan oder Keramik, bekannt seit Zeiten des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Moderne cremefarbene Exemplare, mit den Buchstaben DSG gezeichnet, waren bis vor nicht allzu langer Zeit noch in Abteilen der Deutschen Schlafwagengesellschaft in Gebrauch.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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