Der letzte Schwof?
Neue Eigentümer von Clärchens Ballhaus lässt Mietvertrag mit Pächter auslaufen (Update)

Tanz seit 100 Jahren: In Clärchens Ballhaus scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. | Foto: Bernd Schönberger
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  • Tanz seit 100 Jahren: In Clärchens Ballhaus scheint die Zeit stehengeblieben zu sein.
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Clärchens Ballhaus an der Auguststraße ist Kult seit 106 Jahren. Jetzt wurde der Mietvertrag mit den Betreibern nicht mehr verlängert. Doch das soll nicht das Ende des Tanzlokals sein.

Schwof mit Live-Kapelle, Swing-Unterricht oder Tango-Tanzkurse – Clärchens Ballhaus mit Tanztee am Sonntag und Konzerten im urigen Spiegelsaal sind seit Jahrzehnten der Renner im sonst so schicken Mitte. In den alten Gemäuern scheint die Zeit irgendwie stehengeblieben zu sein. Die Sehnsucht nach damals treibt die Leute schon immer auf das Tanzparkett. Doch jetzt pocht mal wieder die Wirklichkeit an die Tür von Berlins ältestem und bekanntestem Ballhaus.

Schon 2005 schien das Ende besiegelt, als der Hauskäufer aus Darmstadt den Stecker zog. Doch Theatermacher Christian Schulz übernahm das Tanzlokal als neuer Mieter. Gemeinsam mit David Regehr – einstiger Partner im Monbijou Theater und nach dem Putsch im Monbijoupark Rivale – führt er das Ballhaus seither. Ende 2018 verkaufte Eigentümer Hans-Joachim Sander das Hinterhaus an der Auguststraße 24/25. Der neue Eigentümer lässt nun den Vertrag der Ballhaus-Betreiber zum Jahresende auslaufen, um das Haus zu sanieren.

Betreiber Christian Schulz ist frohen Mutes, dass die Geschichte von Clärchens Ballhaus weitergeht. „Man muss dem Ganzen Zeit geben.“ Der neue Eigentümer sei „ein Mann der Kultur“, so Schulz, der über dem Spiegelsaal im Obergeschoss auch wohnt. Mieterin in dem unsanierten Gebäude ist seit über 60 Jahren auch eine 88-jährige Dame, die zu DDR-Zeiten in dem Kultlokal gekellnert hat.

Tanz soll weiter gehen

Der neue Eigentümer, das ist der Fotograf und Immobilieninvestor Yoram Roth. Er ließ mitteilen, dass er das Haus gekauft habe, um Clärchens Ballhaus zu beschützen. Der Betrieb soll nach Sanierung des Hauses weitergehen. Allerdings nur dann, wenn er keine Auflagen erhalte, Wohnungen in dem Haus einzubauen, so Roth. "Dies würde bedeuten, dass Clärchens ein weiteres Opfer des Berliner Clubsterbens wird, ausgelöst durch den Berliner Wohnungswahn", ließ er mitteilen. Ein Pächter soll durch eine Ausschreibung gefunden werden. Wichtig ist Roth, "dass der Betreiber den ,Spirit’ von Berlin sowie Clärchen versteht.“

An der Auguststraße mit vielen schicken Galerien und trendigen Bars ist das Ballhaus ein Exot. Fritz Bühler hatte mit seiner Ehefrau Clara am 13. September 1913 das Lokal als Bühlers Ballhaus eröffnet. Nach dem Tod ihres Mannes führte Clara den Schwoftempel weiter. Das Tanzlokal hieß im Volksmund fortan nach seiner Betreiberin Clärchens Ballhaus.

1967 übernahm ihre Stieftochter Elfriede Wolff das zu DDR-Zeiten immer knacke volle und beliebte Lokal. Später führte ihr Sohn Stefan Wolff den Familienbetrieb weiter. Auch nach der Wende wurde in dem Saal kaum etwas verändert. Spezialität des Hauses war der Nante-Knaller, ein Cocktail aus Whisky, Curacao und Sekt. Nach dem Ende der DDR wurde das Haus der leiblichen Tochter der Ballhaus-Gründerin zugesprochen. Als die 2003 starb, wurde Clärchens Ballhaus an die Darmstädter Investoren verkauft. Jetzt beginnt ein weiteres Kapitel in der Geschichte des Ballhauses.

Wir haben den Beitrag angepasst. In einer ersten Version hieß es noch, dass dem Betreiber gekündigt worden sei.

Tanz seit 100 Jahren: In Clärchens Ballhaus scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. | Foto: Bernd Schönberger
Clärchens Ballhaus im Hinterhaus an der Auguststraße. Das Vorderhaus wurde zu DDR-Zeiten abgerissen. Die Fläche wird heute von den Ballhaus-Betreibern als Biergarten genutzt.  | Foto: Bernd Schönberger
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Dirk Jericho aus Mitte

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