Reichlich Roggen vom Miniacker
Wieder Erntezeit auf dem einstigen Mauerstreifen

Heiko Störmer bei der Arbeit. Im Sekundentakt mäht, drescht und siebt der kleine Mähdrescher die Halme vom Feld.  | Foto: Fotos: Ulrike Kiefert
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  • Heiko Störmer bei der Arbeit. Im Sekundentakt mäht, drescht und siebt der kleine Mähdrescher die Halme vom Feld.
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An der Kapelle der Versöhnung wurde wieder geerntet. Rund 500 Kilogramm Roggen holte der Mähdrescher vom Feld und damit deutlich mehr als im Jahr zuvor – trotz verspäteter Aussaat.

Heiko Störmer treibt die schnaufende Maschine kräftig an. Im Sekundentakt mäht, drescht und siebt der Parzellenmähdrescher die Getreidehalme vom Feld. Es ist wieder Roggenernte an der Mauergedenkstätte. Dort liegt im ehemaligen Grenzstreifen rund um die Kapelle der Versöhnung an der Bernauer Straße ein 2000 Quadratmeter großes Roggenfeld, das jedes Jahr auf's Neue gesät und geerntet werden will – unter dem wachsamen Auge von Frank Ellmer.

Ellmer ist Vizechef des Vereins Friedensbrot und oberster Landwirt für das Roggenfeld im früheren Niemandsland. Als Professor für Agronomie der Lebenswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität (HU) betreut er den Miniacker und lässt seine Studenten darüber Semesterarbeiten schreiben. Die diesjährige Ernte schätzt der Fachmann auf maximal 500 Kilogramm. Was ganz schön viel sei, sagt Ellmer, der den Mähdrescher im Blick behält. „Viel“ im Vergleich zum Vorjahr. Da nämlich holte der kleine Mähdrescher nur rund 180 Kilogramm Roggen vom Feld. Auch davor war die Ernte mehr schlecht als recht. Frank Ellmer kennt den Grund dafür. „Die Fläche eignet sich eigentlich gar nicht für den Ackerbau.“ Weshalb sich der Ertrag auf der aufgeschütteten komposthaltigen Erde jedes Jahr reduziert.

Dass es heute, im Juli 2021, wieder deutlich mehr Roggen gibt, liegt daran, dass das Feld ein gutes Jahr zuvor mit rund 200 Tonnen Mutterboden aufgefrischt wurde. Der stammt von der nährreichen Nauener Platte im Havelland. „Damit haben wir heute den besten Pflanzenbestand seit Beginn des Projektes.“ Trotz verspäteter Aussaat. Denn weil es im vergangenen September kurz nach dem Auftragen des neuen Bodens stark regnete, konnte das Feld nicht mehr rechtzeitig bearbeitet werden. Die Samen kamen somit erst einen Monat später als üblich in die Erde.

Doch bei dem Roggenfeld geht es nicht allein ums Ernten. Das Projekt hat auch Symbolcharakter. Im Frühjahr 1990 säten dort einige Ostberliner Lupinen aus. Später übernahmen Mitglieder der Versöhnungsgemeinde die Aussaat als Teil ihrer Gemeindearbeit. Im öden Grenzstreifen sollte wieder etwas wachsen. Mittlerweile wird seit 15 Jahren Getreide gesät, geerntet und nachhaltig verarbeitet. Denn das Roggenfeld betreut seit 2006 besagte Fakultät der HU – auch als Albrecht-Daniel-Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften bekannt. Die HU hat in Thyrow in Teltow-Fläming eine Lehr- und Forschungsstation, deren Leiter Michael Baumecker ist. Von dort kommen auch der Mähdrescher und das Team um Heiko Störmer.

Nach der Ernte wird der getrocknete und gereinigte Roggen für verschiedene Projekte genutzt. Ein Teil des Korns lässt der Verein Friedensbrot mit Getreidemehl aus elf mittel- und südosteuropäischen Ländern vermischen und daraus Friedensbrot backen. Den anderen Teil verarbeitet ein Biobäcker zu Brot und Oblaten für die Feier des Abendmahls in der Versöhnungskapelle. Besucher können kleine Leinensäcke mit dem symbolträchtigen Korn auch gegen eine Spende in der Kapelle bekommen.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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