Werkstatt hilft Migranten in Berlin Fuß zu fassen
Was er liebt und was er kann, das muss Hassan Abul Fadl niemand mehr sagen. Sein Herz hängt an der orientalischen Musik. Doch fernab der Heimat in Damaskus, wo er den kunstvollen Umgang mit Laute und Zither lernte, erfuhr der junge Syrer schließlich, was ihm noch fehlt, um als Musiker erfolgreich zu sein.
Die deutsche Bürokratie und Schwierigkeiten auf dem Berliner Arbeitsmarkt führten Abul Fadl an einen Ort, an dem man weiterkommt, wenn man um die eigenen Talente weiß, und wenn man erlernen will, was wirtschaftlich erfolgreich macht: in die Werkstatt der Ideen und Visionen.
Mithilfe dieses Vereins arbeitet der Künstler nun darauf hin, seine eigene Akademie für arabische Musik und Instrumentenbau namens "Berliner Orient Ensemble" in Gang zu bringen. Buchführung, Rechnungen stellen, Steuerangelegenheiten - all das will gelernt sein. "Als Musiker kann ich nicht alles alleine auf die Beine stellen. Deshalb bin ich froh, hier Beistand zu bekommen", sagt Abul Fadl.
Seine Dankbarkeit gilt Mahmoud Ibrahim, dem Vorsitzenden der Werkstatt, den ein besonderes Verständnis von Integration seit zehn Jahren unermüdlich vorantreibt. Was den Diplomingenieur und Wirtschaftsdozenten zum Handeln bewog, war die Unzufriedenheit mit klassischen Migrantenvereinen. Für ihn sind das Orte, an denen Zugewanderte meist unter sich bleiben, statt den Austausch zu pflegen. Also entwarf Ibrahim ein Gegenstück zu bestehenden Angeboten.
Verbunden mit einer festen Zielsetzung: Wer sich in die Werkstatt der Ideen und Visionen begibt, soll sie mit wirtschaftlichem Sachverstand verlassen und beruflich möglichst auf eigenen Beinen stehen.
"Die Leute können ruhig bei null anfangen. Wir schleifen sie wie Diamanten und führen sie auf den Weg vom Frosch zum Adler", verspricht Ibrahim. Neben der Werkstatt bestimmt er zugleich im Institut Deurabika die Geschicke. Dort liegt der Schwerpunkt auf deutsch-arabischen Geschäftsbeziehungen, wovon auch die "Werkstatt" profitiert.
Wer in der Stresemannstraße 32 zum ersten Mal hereinschaut, dürfte zunächst über die internationale Teilnehmerschaft ins Staunen geraten. Da sitzt die vietnamesische Buchhalterin Huong Nguyen am gleichen Tisch mit einem jordanischen Journalisten, den die Liebe nach Berlin verschlug.
Da finden aber auch Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte ihren Platz. Uwe Tschitschke zum Beispiel wollte als Werbefachmann durchstarten, gibt jetzt in Reinickendorf immerhin eine eigene Broschüre heraus.
"Es gibt Menschen, die mit dem, was sie können, in Deutschland nicht anerkannt werden. Zu uns kann in dieser Situation jeder kommen. Man braucht nur eine Idee oder eine Vision", erklärt Ibrahim. Talent statt Herkunft als Grundlage für das Miteinander, ein Integrationsverein als Talentschmiede mit 18 ehrenamtlichen Mitarbeitern - das war seine persönliche Vision. Ibrahim ist ein Charakterkopf mit vielen Talenten. Durch seine mitreißende Art lebt er seinen Schülern vor, wie man Probleme rasch durchschaut und passgenaue Lösungen findet, Fall für Fall.
Dass man eine zehnköpfige Gruppe mit unterschiedlichen Biografien auf einen Nenner bringen muss, darin liegt für Mahmoud Ibrahim nicht das Problem, sondern die Chance. So gehen Teilnehmer, die als erfolglose Musiker, Journalisten oder Werbefachleute kommen, oft als Geschäftspartner wieder heraus. Und manchmal auch als Freunde.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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