100 Jahre Groß-Berlin
Martinickenfelde geht an Charlottenburg

Die Bildung von Groß-Berlin“ bringt für Moabit „Grenzkorrekturen“ mit sich.

Folgt man der Erzählung von Bernd Hildebrandt von Heimatverein und Geschichtswerkstatt Tiergarten, dann ist die historische Flur Martini(c)-kenfelde für Moabit identitätsstiftend.

Ein Blick zurück: Benannt ist das Gebiet westlich der Berlichingenstraße bis zum Charlottenburger Verbindungskanal und zwischen Spree und Westhafen nach dem französischen Gärtner Jaques Martin (1666-1741). Er ist Zaunsetzer im Kleinen Tiergarten. Da der Mann klein von Wuchs war, nannten ihn die Leute „in plattdeutscher Verkleinerung“ (Hildebrandt) Martinicke, kleiner Martin. Als der Tiergarten als königliches Jagdrevier aufgegeben wird, richtet Jaques Martin dort eine Schankwirtschaft ein, „ein Etablissement zwischen Moabit und Charlottenburg im Niederbarnimschen Kreise“, so Johann Christian Gädicke in seinem „Lexion von Berlin und der umliegenden Gegend“ von 1806. Die Gastwirtschaft erfreut sich größter Beliebtheit. Sie besteht bis ins 19. Jahrhundert. 1861 wird Moabit samt „Martiniquefelde“ nach Berlin eingemeindet.

Mit der ländlichen Idylle ist es bald vorbei. Der Unternehmer Ludwig Loewe kauft das Areal und errichtet darauf eine Waffen- und eine Werkzeugmaschinenfabrik. Martinickenfelde entwickelt sich zum Industriegebiet. An der Wiebestraße entsteht 1901 ein Straßenbahndepot, damals das größte in Europa. Heute nutzt die Classic Remise die Hallen. Das bekannteste Bauwerk auf dem einstigen Martinickenfelde ist wohl die 1909 nach Plänen von Peter Behrens errichtete AEG-Turbinenfabrik.

Mit der Gründung von Groß-Berlin ist Martinicken Teil des neuen Bezirks Charlottenburg. Der Bezirk Tiergarten wird aus den damaligen Berliner Stadtteilen Tiergarten, Moabit, Untere Friedrichsvorstadt und Schöneberger Vorstadt gebildet.

18 Jahre später folgt eine weitere, wichtige Neugliederung der Bezirke. Am 1. April 1938 tritt Charlottenburg Martinickenfelde an Tiergarten ab. Der Bezirk Tiergarten wiederum gibt den Bereich um die Strafanstalt Plötzensee an Wedding und das Gebiet südlich der Kurfürstenstraße an Schöneberg ab; ein Gebiet, das vom Nollendorfplatz bis zur Wannseebahn und bis zur Grunewaldstraße reichte. Der Bezirk Tiergarten verliert bei dem Tausch. 41 Hektar und rund 28 500 Einwohner gehen verloren.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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