Berliner Friedhöfe
In Königs Gnaden, der Polizeipräsident von Hinckeldey

Grab Hinckeldey | Foto: (c) ralf rohrlach 5/0
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Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey, ein energischer Mann.

Nach der bürgerlichen Revolution von 1848 sollte wieder Ruhe und Ordnung herrschen. Da trat ein energischer Mann, am 7. November 1848 im brodelnden Berlin, seinen Dienst an und wurde sogleich und nur eine Woche später, am 14. November, Polizeipräsident der Stadt, bevorzugt von König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) Nunmehr verfolgte der neue Polizeipräsident, als getreuer Staatsdiener, strikt die königliche Linie, die nach 1848 rigoros gegen sämtliche demokratisch-liberale Bestrebungen gerichtet war. Hinckeldey machte nur seinen Job, würde man heute wohl sagen. Seine Maßregelungen, die das öffentliche Leben belangten, waren manchmal recht eigensinnig, was ihm auch viele Feinde einbrachte. Der König jedoch schätzte Hinckeldeys Aufmerksamkeit und Taktik sehr. Lebte doch Seine Majestät immer in Angst um das königliche Leben, besonders seit der Revolution 1848. So musste der Polizeipräsident sogar einmal die königliche Badewanne überprüfen lassen. Der misstrauische König vermutete ein Messer-Attentat auf sein Hinterteil, durch das Abflussrohr! Geschickt konnte der fleißige Oberpolizist auch eine Verschwörung auflösen, in dem er jene Verschwörer erst zum Schein unterstützen und dann verhaften ließ. Hinckeldey brachte die Schutz- und politische Polizei Berlins, mit seinem Dienstantritt quasi »aus den Betten«. »Neue Besen kehren gut«, sagte man im Volke. Unablässig wurde nun kontrolliert, geprüft, gemaßregelt und verfolgt. Seine Spezialität waren bald Einwohnermeldeämter, , das nicht ganz ohne Hintergrund, ist zu vermuten. Selbst Otto Fürst von Bismarck (1815–1898) wurde bespitzelt. Der Polizeistaat war geboren und Hinckeldey jetzt dessen Hauptvertreter. Hinckeldey erkannte bald, dass die wachsende Stadt Berlin funktionieren musste. Sein Hang zur Ordnung trieb ihn an, auch die Stadt besser zu ordnen. Es folgten umfänglichere Pflasterungen der Straßen, und die Straßenreinigung wurde neu organisiert. Ein Heer von Strafgefangenen war im Straßenbau tätig. Soziale Einrichtungen zu schaffen, gehört zum Programm des Magistrats, welches von Hinckeldey herausgefordert wurde. In Gesindeherbergen und Suppenküchen konnten sich ärmere Schichten helfen lassen. Markthallen, Badeeinrichtungen, aber auch Gefängnisse wuchsen unter der Regie des Beamten Hinckeldey, der sein Amt sehr ernst nahm, aber auch königstreu war. Bald entstand eine moderne Feuerwehr, ausgerüstet mit fest angestellten Feuerwehrmännern . Zu jener Zeit, also um 1855, lebten etwa 400.000 Einwohner in Berlin. Lange schon bestanden die Forderungen, der Bevölkerung nach Trinkbrunnen und Pissoirs. Für letztere sogar eindringlich: »Ach lieber Vater Hinckeldey, mach uns für unser Pinkelei doch bitte einen Winkel frei.« Die städtischen Bedürfnisanstalten waren geboren, die heute leider Seltenheitswert haben. Die Beziehungen zum König verhalfen dem Polizeipräsidenten auch zu einem höheren Amt. Als Polizeipräsident wurde er nunmehr in Personalunion zum königlichen General-Polizeidirektor ernannt. Dem König war die illegale Spielsucht vieler Offiziere und Adliger bekannt, die nach Verlust ihres Vermögens verarmt, dem königlichen Dienst nicht mehr zur Verfügung stehen konnten. Hier befahl der Monarch jene Spielhöllen zu überwachen. Im »Hotel du Nord« am Boulevard Unter den Linden war fand in der Nacht vom 24. auf den 25 Juni 1855 einei statt. Das Inventar samt Geld wurde beschlagnahmt, die Spieler verhaftet, jedoch bald wieder freigelassen. Die Freilassung bedingte der Proteste, die dem König zu Gehör gebracht worden waren. Hinckeldey erklärte später ein Missverständnis. Hans von Rochow-Plessow (1824–1891) und andere zogen in Hinckeldeys Dienstsitz und beschwerten sich massiv. So entstand ein Kleinkrieg welcher Polizei und Militär beschäftigte. Die Konflikte eskalierten, am Ende sah Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey keinen Ausweg mehr, um seine Ehre zu retten als in einem Duell mit Hans von Rochow-Plessow. Längst schon war das Duellieren verboten, auch und gerade in Preußen. So legte Hinckeldey denn auch seine Ämter nieder, wohlwissend um das Gesetzeswidrige, was geschehen sollte, hoffte vielleicht auch auf den König und dessen Einspruch gegen das Duell. Aber es ließ sich nicht mehr stoppen.
Früh am Morgen des 10. März 1856 aß Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey noch eine gute Buttersemmel und trank zwei Gläser Rotwein. Mit dem Oberregierungsrat Ferdinand Freiherr von Münchhausen (1810–1882) und dem Arzt und Freund Ludwig von Hassel (Lebensdaten unbekannt) machte der Polizeipräsident außer Dienst sich auf in die Jungfernheide, zum Forsthaus am Königsdamm. Dort traf man auf die Gegenpartei derer von Rochow-Plessow. Hinckeldeys Pistole versagte, er bekam eine neue. Man nahm erneut Aufstellung. Fast gleichzeitig gingen die Schüsse los Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey fiel, getroffen und aus dem Mund blutend, tot zu Boden. Die Lunge war durchschossen. Hinckeldeys Chancen, seinen jüngeren Feind zu treffen, waren gering, war er doch ungeübt an der Waffe und außerdem kurzsichtig. Am 13. März 1856 wurde Hinckeldey auf dem Friedhof der St. Nikolai- und St. Marien-Gemeinden zu Grabe getragen. Es folgten dem Sarg über 100.000 Menschen, und der König Friedrich Wilhelm IV. brach in Tränen aus. Der Lokomotivkönig Albert Borsig (1829–1878) sammelte Geld zur Unterstützung von Hinckeldeys Familie Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey ruht auf dem Friedhof St. Marien–St. Nikolai, Mollstraße /Prenzlauer Allee 1, in Prenzlauer Berg . Seine Büste schaut auf die Angehörigen seiner Familie, die zu seinen Füßen liegen und auf jene die diesen Friedhof besuchen und das Grab besichtigen.
R.R.

Autor:

Ralf Rohrlach aus Friedrichshain

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