„Bebauungsplan Ostkreuz ist ein Relikt“
Rückabwicklung der Grundstücksverkäufe an der Rummelsburger Bucht?

Wohnen am Wasser ist begehrt in der Hauptstadt. Für die Rummelsburger Bucht hat das zu einer Debatte um den Bebauungsplan geführt. | Foto: Berit Müller
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  • Wohnen am Wasser ist begehrt in der Hauptstadt. Für die Rummelsburger Bucht hat das zu einer Debatte um den Bebauungsplan geführt.
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Alternativen, sogar Kompromissvorschläge zu den Plänen für die Rummelsburger Bucht enthält eine Machbarkeitsstudie, die ein Initiativen-Netzwerk vom Ostkreuz jetzt vorgelegt hat. Tenor: Mehr Wohnen, weniger Wasserhaus, keine Privatisierung von Grundstücken. Ob die Ideen Berücksichtigung finden, ist aber fraglich.

Das Bezirksamt Lichtenberg hat unterdessen ein Faktenpapier veröffentlicht. Darin warnt es vor den Folgen, sollte der aktuelle Bebauungsplanentwurf scheitern. Den Plan mit dem Titel XVII-4 wollte das Bezirksamt den Anwohnern eigentlich am 20. März vorstellen. Vorgesehen war eine große Info-Veranstaltung im Kino Cinestar in Treptow. Doch daraus wurde nichts. Der Termin musste kurzfristig wegen eines Streiks der Beschäftigten abgesagt werden.

Die CDU-Fraktion in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) forderte daraufhin, keinen weiteren Versuch zu starten, die Pläne öffentlich zu präsentieren. „Es liegt ein beschlossener Bebauungsplan vor“, so Fraktionschef Gregor Hoffmann. „Darüber muss nun endlich in den Ausschüssen der BVV beraten werden.“

Coral World und teure Wohnungen

Wer sich für das Thema interessiert, kennt zumindest die Eckpunkte des B-Plans für die Rummelsburger Bucht und das Paul-und-Paula-Ufer. Vor allem das Tourismusprojekt Coral World mit Aquarium plus Hotel – kurz Wasserhaus genannt – und die geringe Anzahl bezahlbarer Mietwohnungen stehen in der Kritik. Seit Bekanntwerden der Pläne gab es immer wieder Proteste und Demonstrationen.

Ein Initiativen-Netzwerk vom Ostkreuz, dem mehr als ein Dutzend Gruppen und Bürgervereine angehören, wählte eine konstruktivere Variante: Es legte eine Machbarkeitsstudie vor, entwickelt von Diplom-Ingenieur Carsten Joost und einzusehen unter https://bwurl.de/149t.

Biotop und Kinderfreundlichkeit

Ihr Alternativentwurf ermögliche einen weitgehenden Erhalt des vorhandenen Biotops, schreiben die Initiatoren Tobias Trommer und Carsten Joost dazu. Er sorge für ein kinderfreundliches Umfeld statt zugeparkter Straßen und für weniger Lärm. Bestandsgebäude würden integriert statt abgerissen, und es fände sich auch Platz für einen Schulneubau. Das Ostkreuz-Netzwerk fordert, den Bebauungsplan des Bezirks Lichtenberg zu ändern. Angesichts der Schulplatzknappheit müsse die Bodenprivatisierung an der Bucht rückgängig gemacht werden.

Die Alternative des Netzwerks verzichtet auf das Aquarium, sieht mehr Wohnungen vor und nennt das Grundstück in der Hauptstraße 2 als geeignet für einen Schulneubau. Der Kompromissvorschlag enthält das Wasserhaus, allerdings in deutlich geschrumpfter Form.

Im Schreiben zur Machbarkeitsstudie heißt es: „Der Bebauungsplan XVII-4 ist ein Relikt aus einer Zeit, als in Berlin noch Schulen geschlossen wurden und Investoren mit Townhouses am Wasser gelockt wurden. Heute muss angesichts der wachsenden Stadt in die Zukunft gedacht werden. Die Flächen für soziale Infrastruktur werden knapp. Neubauwohnungen mit Wuchermieten entstehen ohnehin schon zu viele. Hier ist eine Rückabwicklung der Grundstücksprivatisierung noch möglich.“

Konter mit Faktenpapier

Das schließt das Lichtenberger Bezirksamt aber offenbar aus. Das Stadtentwicklungsamt unter der Leitung von Stadträtin Birgit Monteiro (SPD) hat bei der jüngsten BVV-Sitzung am 21. März, einen Tag nach der geplatzten Info-Veranstaltung, ein Faktenpapier ausgelegt. Auf zwei Seiten fasst es die Ziele des B-Plans zusammen, nennt konkrete Zahlen zu den entstehenden Wohnungen, zu Kita- und Grundschulplätzen.

Auch die Entscheidung für das Wasserhaus wird mit einem Verweis auf die Landespolitik verteidigt. Es gehöre zur Strategie des Senats, neue Freizeitangebote auch außerhalb des S-Bahn-Rings zu entwickeln, um die Innenstadt zu entlasten und die Attraktivität der Außenbezirke zu erhöhen.

Den mitunter geäußerten Vorschlägen, den Bebauungsplan XVII-4 zu splitten, erteilt das Amt eine Absage. Dem stünden technische, zeitliche und eigentumsrechtliche Abhängigkeiten unter den Baugebieten entgegen.

Das Stadtentwicklungsamt warnt ferner per Faktenpapier: Sollte der B-Plan scheitern, vom Bezirk geändert oder nicht bald festgesetzt werden, müsste das Land Berlin das Verfahren an sich ziehen und den Plan selbst festsetzen. Nicht die Lichtenberger BVV, sondern das Abgeordnetenhaus würde ihn dann beschließen. So sähe es das Baugesetzbuch für einen solchen Fall vor, weil Entwicklungsziele sonst nicht eingehalten würden.

Nur die Käufer können zurücktreten

Und: Eine Rückabwicklung der Kaufverträge könne zu Einnahmeverlusten in Höhe von rund 20 Millionen Euro für die Hauptstadt führen. Denn nur die Käufer, nicht das Land Berlin, könnten von den Verträgen zurücktreten.

Die Linksfraktion der Lichtenberger BVV hat nun Vertreter des Ostkreuz-Netzwerks für den 8. April zu einem Treffen eingeladen, wo es um die alternativen Vorschläge gehen soll. Allzu große Erwartungen wolle man aber nicht wecken, sagt der Fraktionsvorsitzende Norman Wolf. Auch er verweist auf die Sachlage. „Mir sind zum jetzigen Zeitpunkt keine Absichten bekannt, die Grundstücksgeschäfte rückabzuwickeln.“ Der Bezirk könne die Verkäufe schließlich nicht rückgängig machen, was jedoch die Voraussetzung dafür wäre, neu zu planen.

So deutet derzeit vieles darauf hin, dass der Bebauungsplan Ostkreuz in der Mai-Tagung der Bezirksverordnetenversammlung behandelt und möglicherweise auch beschlossen wird.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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