Alfred Kothes Katzen in den Fenstern der Zwölf-Apostel-Kirche

Die Weihnachtsgeschichte ohne die geschweifte Freundin? Undenkbar beim Künstler Alfred Kothe. | Foto: KEN
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  • Die Weihnachtsgeschichte ohne die geschweifte Freundin? Undenkbar beim Künstler Alfred Kothe.
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Keine Frage, die Zwölf-Apostel-Kirche hat einige Besonderheiten. Und sie besitzt vermutlich etwas gänzlich Einmaliges.

Eine Besonderheit des Bauwerks ganz im Norden Schönebergs ist gewiss seine Ausrichtung. Der Chor der vom Berliner Baumeister Friedrich August Stüler 1864 entworfenen Kirche, die Stadtbaurat Hermann Blankenstein erst nach der Reichsgründung verwirklichte, liegt nicht wie sonst üblich im Osten, sondern im Süden.

Eine weitere Besonderheit: Die Fenster der dreischiffigen, gewölbten, mit blassroten Klinkern verkleideten Hallenkirche zwischen neoromanischem und neogotischem Stil bestehen auf Höhe der Empore aus leeren Gin-Flaschen. Sie wurden nach dem Krieg von der Inhaberfamilie der Berliner Spirituosenfabrik Gilka gespendet. Die Kirchenfenster waren wie vieles andere bei Bombenangriffen zerstört worden. Die noch erhaltenen „Flaschenfenster“, von einer begeisterten britischen Presse seinerzeit als „Gin-bottle-windows“ gefeiert, stehen unter Denkmalschutz. Am meisten verblüffen dürften aber manche der farbigen Bleiglasfenster wegen eines Details. Schauen wir uns das Fensterpaar an, das Weihnachten darstellt. Im linken Fenster ist Maria mit dem Jesukind in der Krippe zu sehen. Rechts stehen Josef und die gewohnten tierischen Begleiter Ochs' und Esel. In der rechten unteren Ecke aber sitzt – eine Katze.

Eine Katze in der Weihnachtsgeschichte? Sie ist jedoch nicht die einzige, die die biblischen Szenen in der Zwölf-Apostel-Kirche bevölkert. Wir haben vier gezählt. Eine von ihnen findet sich sogar in den hohen zentralen Chorfenstern.

Entworfen wurden die Katzen-Kirchenfenster in den 60er-Jahren vom Schöneberger Künstler Alfred Kothe. Glasermeister Detlef Graw führte sie aus. Die Werkstatt der Kunstglaserei Graw & Meibert, heute in Britz ansässig, verwahrt noch Kothes Originalentwürfe.

Der 1925 geborene Künstler war ein „stadtbekannter Katzenliebhaber“, sagt Sabine Herm von der Kirchengemeinde. Die kluge, eigensinnige und unergründliche Samtpfote mag ihm Muse, Gefährtin oder Seelenverwandte gewesen sein. Vielleicht war sie für Kothe, der 18-jährig zur Wehrmacht einberufen und wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt wurde, jedoch in einer psychiatrischen Klinik überlebte, nach den Worten des Schriftstellers Axel Eggebrecht „eine anarchistische Aristokratin mit gesundem proletarischem élan vital“. Leider können wir Alfred Kothe nicht mehr fragen. Er starb 1995 und ist auf dem Alten Zwölf-Apostel-Kirchhof an der Kolonnenstraße begraben.

Vor 4000 Jahren hat sich die Katze dem Menschen angeschlossen. Bald fand der geschweifte Vierbeiner Eingang in die Kunst. Sie taucht auf Gemälden etwa von Leonardo da Vinci, Rubens und Velázquez auf. So richtig populär wurde die Katze aber erst Ende des 18. Jahrhunderts, als die Menschen in die Städte zogen und die bürgerliche Gesellschaft entstand. Impressionisten und Expressionisten, Künstler von Manet bis Picasso, malten sie und verwöhnten sie als Hausgenossin. In Darstellungen christlicher Kunst findet man die Katze jedoch selten und allenfalls als unbedeutende Marginalie. Sie ist dort das Symbol des Teufels, des Dämonischen.

Die Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde soll, so heißt es, von Alfred Kothes Kirchenfenstern mit Katzen zunächst nicht begeistert gewesen sein. Aber er hat sich durchgesetzt, seine Fenster wurden eingebaut und können heute als Kuriosum bewundert werden, vor und nach den sonntäglichen Gottesdiensten und ab 24. März wieder während der „offenen Kirche“ sonnabends von 11 bis 15 Uhr. Das sind wirklich Schnapsflaschen.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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