Immer weniger Jugendgewalt: Große Unterschiede zwischen Kladow und Spandau Mitte
Spandau. Die gute Nachricht: In Berlin geht die Jugendgewalt zurück. Die schlechte: Besonders viele Übergriffe von Heranwachsenden gibt es in Spandau Mitte. So steht es im aktuellen Monitoring der Landeskommission Berlin gegen Gewalt.
Es ist eben nicht Neukölln, auch Kreuzberg rangiert nicht ganz vorn, wenn es um Gewaltdelikte junger Hauptstädter geht. „Zu den Bezirken mit der höchsten Jugendgewalt zählen Marzahn-Hellersdorf, Mitte und Spandau“, heißt es gleich auf den ersten Seiten des Monitoring-Berichts, den die Landeskommission für das Jahr 2013 erstellt hat. Zum zweiten Mal nach 2012 fügt das Papier polizeiliche und schulische Daten über Gewalttaten von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen acht und 21 Jahren zusammen. Im Kontext mit der Sozialstruktur der Regionen liefert es Erkenntnisse für die Präventionspolitik des Landes Berlin und der Bezirke.
Besonders bemerkenswert am Bericht: Er widerspricht der weit verbreiteten Annahme, dass sich Jugendgewalt immer dort häuft, wo der Anteil von Familien mit Migrationshintergrund besonders hoch ist. Das Monitoring legt eher nahe, dass Arbeitslosigkeit und Armut gepaart mit der speziellen städtebaulichen Struktur einer Großsiedlung darauf viel mehr Einfluss haben.
Um vergleichen zu können, führt das 130-Seiten-Papier zum Beispiel die sogenannten Rohheitsdelikte auf – gemeint sind Fälle von Körperverletzung, Raub und Bedrohung. Verantwortlich dafür, dass Spandau an dritter Stelle dieser Statistik liegt, ist Spandaus Mitte. Mit dem Kurfürstendamm, Marzahn Nord sowie Hellersdorf Nord und dem Märkischen Viertel gilt das Gebiet als „sehr hoch belastet“. Die Zahlen: In Spandau Mitte gab es vor zwei Jahren 181 Rohheitsdelikte, in der als „gering belastet“ eingestuften Region Kladow/Gatow waren es 14. Das ebenfalls weit überdurchschnittlich betroffene Hellersdorf Nord führt die Liste mit 200 Fällen an. Nur dort ist die Tendenz zudem steigend, während die Zahlen in Spandau und dem Rest der Stadt im Vergleich zu 2012 rückläufig sind. Im Bericht heißt es, dieser erfreuliche Trend setze sich seit zehn Jahren fort. Besonders deutlich sei der Rückgang bei schweren und gefährlichen Körperverletzungen sowie Bedrohungen. Allein im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Gewaltdelikte in Berlin insgesamt um 7,5 Prozent.
Bei aller Akribie, mit der das Monitoring Zahlen, Fakten und Kontexte dokumentiert – an einigen Stellen lassen sich Ungenauigkeiten nicht vermeiden. So sollen die Schulen Gewaltvorfälle zwar melden, sie tun das aber in sehr unterschiedlichem Maße, was die Statistik weniger verlässlich macht. Eine weitere Schwachstelle: Die Polizei nennt jeweils nur den Tatort der Delikte, nicht aber, wo die Jugendlichen leben. Diese Angaben könnten für die Liste der besonders betroffenen Regionen durchaus eine Rolle spielen. Beim nächsten Monitoring will die Landeskommission daher erstmals Tat- und Wohnort berücksichtigen. bm
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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