Premiere für Kunsttage in Steglitz
Der Bezirk will sich als Ort für Gegenwartskunst etablieren

Rebecca Raue stellt im Gutshaus Steglitz Collagen und Objekte aus.  | Foto: K. Rabe
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Mit drei Einzelausstellungen gleichzeitig will sich der Bezirk als ein Ort für Gegenwartskunst etablieren. Die Künstler setzen sich dabei mit den Themen Geschlechtergerechtigkeit, Demokratie und dem Genomprojekt auseinander. Die Ausstellungen wurden am 11. und 12. April eröffnet. Die beiden Tage wurden zu den ersten Kunsttagen-Steglitz erklärt.  

Im Gutshaus Steglitz in der Schloßstraße 49 präsentiert Rebecca Raue ihre „Notizen am Rand der Zeit“. Mit ihren Installationen und Collagen setzt sich die Berliner Künstlerin mit dem altehrwürdigen Gutshaus als Ausstellungsort für ihre Kunst auseinander, von dem sie nur „mäßig begeistert“ war.

„Das ist kein Ort, der als Kunstort erbaut wurde“, räumt Kulturamstsleiterin Brigitte Hausmann ein. Sie spielt damit auf die empfindlichen Dielenböden und farbigen Wände an, in die kein Nagel geschlagen werden darf. Das klassizistische Schlösschen steht unter Denkmalschutz. Dennoch freut sie sich, dass das Gutshaus mit insgesamt vier Räumen der neue Kunstort für zeitgenössische Kunst im Bezirk ist und künftig vom Fachbereich Kultur als kommunale Galerie bespielt wird (https://bwurl.de/14ao)

Rebecca Raue macht sich die Geschichte und die Atmosphäre des einstigen Privathauses zum Thema und setzt ihm gezielt Widerspenstiges und Wildes entgegen. Raue hinterfragt die herkömmlichen Bilder von Weiblichkeit und Männlichkeit. Sie schöpft aus den Bildern der Vergangenheit. Damit zeigt sie ihre Vision von Gleichberechtigung. Dazu benutzt sie großformatigen Fotografien aus dem Ende des 19. Jahrhunderts als Grundlage für ihre farbintensiven Collagen, auf denen sie ihre Gedanken als kurze Notizen festhält. Die Ausstellung von Rebecca Raue ist bis zum 23. Juni zu sehen. Am 19. Mai, 14 Uhr, gibt es eine Führung mit Künstlergespräch.

Die Galerie in der Schwartzchen Villa befindet sich nur wenige Gehminuten vom Gutshaus entfernt. Hier zeigt Nasan Tur seine Video- und Soundinstallationen. Im ersten Raum sieht sich der Besucher drei riesigen Videowänden gegenüber, auf denen scheinbar immer dasselbe passiert: Ein Porträtfoto wird zusammengeknüllt, wieder auseinandergefaltet und glattgestrichen. Immer und immer wieder. „Auf den Fotos sind investigative Journalisten zu sehen, die verfolgt und ermordet wurden“, erklärt der in Berlin lebende, international bekannte Installationskünstler. Mit seinem Projekt „Memory of Resistance“ will er an diese Journalisten erinnern. „Das Gedenken ist für mich eine der wichtigsten Instanzen der Demokratie. Das Erinnern ein bewusster Moment des Widerstandes“, sagt Tur.

Seine zweite Arbeit mit dem Titel „Speech“, die er für das Documenta-Radio 2017 produzierte, stellt er erstmals als Soundinstallation im Raum aus. Hier stehen sich ein Lautsprecher und ein Scheinwerfer gegenüber. Zu hören sind nur Geräusche: tiefes Atmen, schnaufen, ein Räuspern und immer wieder Beifall. Nasan Tur hat politische Reden von den Worten befreit, so dass nur die körperlichen Geräusche von berühmten Politikern den Raum füllen. „Es entsteht eine Intimität, die die Zuhörenden auf die Verletzlichkeit des Sprechers lenkt“, sagt er. Zu hören sind die „Körpertöne“ aus politischen Reden von Trump, Merkel und Putin.

Nasan Tur zeigt seine Installationen bis zum 10. Juni. Am Sonntag, 28. April, 14 Uhr, gibt es im Rahmen des Gallery Weekend Berlin eine Führung durch die Ausstellung.

Die dritte Ausstellung zu den Kunsttagen befindet sich im Atelier der Schwartzschen Villa. Hier arbeitete die Zeichnerin Katrin von Lehmann vier Wochen lang und zeigt nun die Ergebnisse. Sie beschäftigt sich mit dem Themenfeld Kunst und Wissenschaft. Ausgangspunkt und Motivation für das 2015 begonnene Projekt „Leerstellen des Unbekannten/Nichts stimmt mehr“ war das Ergebnis der Human-Genom-Forschung, das den bisherigen Wissensstand zum genetischen Prozess in Frage gestellt hat. Auch von Lehmanns Projekt zur Erforschung der Zeichnung beruht auf der Suche nach neuen Zusammenhängen. Im Atelier der Schwartzschen Villa hat sie sich damit beschäftigt, was passiert, wenn sie nicht auf einer ebenen Fläche wie einem Tisch zeichnet, sondern der Zeichenkarton an der Wand oder an einem Pfosten angebracht ist. Katrin von Lehmann präsentiert ihre Arbeiten bis zum 5. Mai.

Die Idee zu den ersten Kunsttagen im Bezirk hatte Brigitte Hausmann aufgrund der parallel laufenden Ausstellungen. Was durch Zufall entstanden ist, soll sich im Bezirk etablieren. Die Kunsttage sollen zu einem festenTermin im Bezirk werden. „Wir hoffen damit auch, dass Schwartzsche Villa und Gutshaus Steglitz als unsere bezirklichen Galerien sich gegenseitig stärken.“

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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