Friedhof zum Heiligen Kreuz - Familiengrab
Familiengrab muss weichen
Aufgrund von baulichen Maßnahmen auf dem Friedhof zum Heiligen Kreuz (Heilig Kreuz Kirchhhof) muss erneut das Familiengrab um den verdienten Brandinspektor Friedrich Weiß weichen.
Aufgrund eines Autobahnbaus musste die ursprüngliche Grabstelle des ehemaligen Gemeindefriedhofs Berlin-Tempelhof bereits einmal verlegt werden. Nach dem Willen der Friedhofsverwaltung bzw. des Evangelischen Friedhofsverbandes Berlin soll das Grab endgültig einem Bauvorhaben weichen.
Brandinspektor Weiß, geboren im Jahr 1867, war einst eine bekannte Persönlichkeit in Berlin und insbesondere Tempelhof wo er seine Wirkungsstätte hatte. Aber auch im ganzen Reich bzw. später in der Weimarer Republik hielt Herr Weiß als Sachverständiger Vorträge über den Brandschutz in Unternehmen, die mit der Verarbeitung feuergefährlicher Stoffe beschäftigt waren. Diese Tätigkeit war auf dem Gebiet der Brandbekämpfung damals ein Novum und wurde seines Wissens vom ihm als erstes ausgeübt.
Im Jahr 1912 richtete Brandinspektor Weiß mit Hilfe der damaligen Siemens-Schuckert-Werke ein Feuermeldersystem ein, welches für das aufstrebende Tempelhof zur Notwendigkeit geworden war und übernahm 1919 die Überwachung des Filmateliers des UFA – Konzerns um nur zwei seiner unzähligen Aufgabengebiete zu erwähnen.
Aber nicht nur durch präventive Maßnahmen trug Brandinspektor Weiß dazu bei, unzählige Menschenleben zu retten. Auch unter Einsatz seines eigenen Lebens rettete er u.a. 1906 zwei schwerverletzte Arbeiter aus einem über 6 Meter tiefen eingestürzten Schacht der Kanalisation in der Konradinstraße und bei einem Feuer fing er mit Hilfe eines Feuerlöschschlauches einen seiner Kollegen auf, der vom 3. Stock eines brennenden Hauses abgerutscht war.
Brandinspektor Weiß zog sich selbst mehrfach Rauchvergiftungen und diverse kleinere Verletzungen im Laufe seines Berufslebens zu.
Während des 1. Weltkrieges wurden ihm durch das 3. Armeekorps, Abteilung Feuerschutz weitere 7 Berliner Vororte unterstellt. In dieser Zeit erlebte er seinen dramatischsten Einsatz bei einem Großfeuer in der damaligen Johannisthaler Munitionsfabrik, den er in seinen Memoiren wie folgt beschreibt: „Wie in einer Feuerwalze wurden wir inmitten von Giftgasen von explodierenden Granaten, Handgranaten und Gewehrmunition umschwirrt. Unser fast 20 Tonnen schweres Feuerlösch-Fahrzeug wurde dabei mit voller Besatzung von der Zufahrtstrasse 30 Meter weit auf ein Ackerfeld geschleudert.“
Herr Weiß baute die Feuerwehr in Tempelhof auf und leitete die Wache, die sich noch heute in der Borussiastraße 16-17 befindet. Allerdings steht keines der alten Gebäude mehr. Eine seiner Töchter, Johanna Hohl, geb. Weiß, die auch in dem Familiengrab ihre letzte Ruhe gefunden zu haben glaubte, ist auf dem Feuerwehrgelände zur Welt gekommen. Denn Brandinspektor Weiß wohnte mit seiner Familie direkt auf dem Gelände der Feuerwache. Im Jahre 1912 beschaffte er ein Benzin-Elektro-Feuerlöschfahrzeug. Die damalige Gemeinde Tempelhof mit ihren Wohnsiedlungen und Industrien war bereits auf 40.000 Einwohner angewachsen und wie er in seinen Memoiren schrieb, war es ihm ein Anliegen den Menschen „auf schnellstem Weg bei Gefahr zu helfen.“
Seinen Nachkommen ist überliefert, dass der Brandinspektor eine prägende Persönlichkeit und ein Familienmensch war. Für damalige Verhältnisse vertrat er sehr fortschrittliche Auffassungen. Er investierte nicht nur in die Bildung seines Sohnes, sondern unterstütze gleichermaßen seine Töchter. Ungeachtet der damaligen gesellschaftlichen Etikette war es für ihn selbstverständlich das uneheliche Kind seiner Tochter aufzunehmen, die sich leider das Leben nahm. Er wurde als ein liebender und fürsorglicher Vater und Großvater beschrieben. So nehmen nun auch seine Ururenkel Abschied von dem Familiengrab und schauen in Dankbarkeit auf die Lebensleistung einer Tempelhofer Persönlichkeit, die so vielen Menschen das Leben gerettet hat.
Auch wenn die Nachfahren unseres Brandinspektors der Verlust ihres Familiengrabes bedrückt, darf das Angebot der Friedhofsverwaltung den Grabstein so lange zu verwahren, bis eine neue Grabstelle benötigt wird, nicht unerwähnt bleiben.
Autor:Michael Strempel aus Tempelhof-Schöneberg |
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