Ausgetrocknet am Stößensee
Warum das Vereinshaus eines Ruderclubs bisher nicht neu gebaut werden darf

Wenn wir nicht bauen dürfen, bedroht das unsere Existenz. Mitglieder des Akademischen Ruderclubs vor dem Vereinshaus. | Foto: Thomas Frey
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  • Wenn wir nicht bauen dürfen, bedroht das unsere Existenz. Mitglieder des Akademischen Ruderclubs vor dem Vereinshaus.
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Das Grundstück ist ungefähr 3000 Quadratmeter groß und liegt am Ufer des Stößensees. Eine traumhafte Lage für einen Ruderverein. Seit 1908 ist der Akademische Ruder Club zu Berlin (ARC) hier beheimatet. Seine Mitglieder sind allerdings nicht sicher, ob das noch lange gilt. Sie sehen den Bestand des Vereins akut gefährdet.

Am 30. März haben die Ruderer zu einem Vor-Ort-Termin eingeladen. Er findet außer auf dem schönen Gelände vor allem im Vereinshaus statt. Das Vereinshaus ist das Problem. Beziehungsweise der Neubau, der entstehen soll. Das bisherige Gebäude existiert seit 1960. Der Holzbau ist marode, nicht mehr zeitgemäß. Die Heizung ist bereits ausgefallen, es lohnt nicht mehr, eine neue einzubauen. Zudem rutsche das Haus immer mehr in Richtung See, weil es auf unebenem Grund errichtet wurde, erklärt der stellvertretende Vorsitzende Harald Krebs. Die Immobilie abzureißen und durch eine neue zu ersetzen, liege deshalb aus vielerlei Gründen auf der Hand. Aber das scheint derzeit ein unüberwindbares Hindernis zu sein. Eine Genehmigung für das Vorhaben gibt es bisher nicht. Harald Krebs und sein Verein sehen sich dabei als Opfer des „Berliner Behörden-Pingpongs“.

Die Ursache für die Schwierigkeiten ergeben sich aus der Lage. Das Bootsgrundstück befindet sich am Brandensteinweg. Dieser hat den Status eines Privatwegs, der sich im Eigentum des Landes Berlin, konkret in der Verantwortung der Berliner Forsten befindet. Diese definieren ihn als „rein forstlich genutzte Fläche“, mit diesem Hinweis haben sie im vergangenen Sommer ihre Zustimmung zum Neubauprojekt des Ruderclubs verweigert. Gebäude dürfen aber laut Bauordnung nur errichtet werden, wenn sie entweder an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegen oder wenn „das Grundstück eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat.“ Beides ist nach der Vorgabe der Berliner Forsten für den Brandensteinweg eigentlich nicht gegeben. Die Praxis vor Ort sieht etwas anders aus. Wer dort einfährt oder zu Fuß unterwegs ist, wird bereits am Eingang mit Hinweisschildern zu verschiedenen Betrieben oder Dienstleistern konfrontiert, die dort ansässig sind, von einer Rechtskanzlei über ein Versicherungsbüro bis zur Weinhandlung. Und hinter dem Grundstück des Rudervereins beginnt eine zumindest nach Zuordnung Kolonie mit Wochenendhäusern.

Deshalb sehen sich die Ruderer jetzt auch als Opfer eines schon viele Jahrzehnte andauernden Wildwuchses, der ausgerechnet bei ihrem Bauvorhaben eingehegt werden soll. Dabei ändere sich mit dem neuen Vereinsheim an der aktuellen Situation überhaupt nichts, sie werde eher verbessert, stellt Harald Krebs heraus.

Der Verein habe rund 130 Mitglieder, bei dieser Größenordnung werde es auch erst einmal bleiben. Deshalb werde es auch kein höheres Verkehrsaufkommen geben. Der Neubau biete mehr Brandschutz, außerdem sei er besser gegen Hochwasser gesichert. Das Vereinsleben spiele sich auf dem Grundstück ab, andere Flächen würden nicht berührt.

Argumente, die aber auch das Bezirksamt Spandau bisher kalt gelassen hätten, beklagen die Ruderer. Im Juni 2022 habe ohne ihre Mitwirkung ein Ortstermin stattgefunden, in dessen Nachgang informell mitgeteilt wurde, dass vor allem die Zufahrt für die Feuerwehr kritisch gesehen werde. Deshalb gab es den Hinweis, sich an die Berliner Forsten zu wenden, mit dem bereits skizzierten Ergebnis.

Der Akademische Ruder Club hat sich danach an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses gewandt. Er erbat entweder die Zustimmung der Berliner Forsten zur sogenannten Baulasteintragung oder die Genehmigung des Bezirksamtes Spandau zum Abweichen eines Baulasterfordernisses. Zunächst schien dieser Vorstoß erfolgversprechend, nachdem auch der Petitionsausschuss Zweifel gezeigt hatte, ob es sich zumindest beim vorderen Teil des Brandensteinwegs wirklich nur um eine forstwirtschaftlich genutzte Verbindung handelt.

Allerdings brachte auch das keinen Durchbruch, sondern im Gegenteil weiter verhärtete Fronten. In seiner Antwort an den Petitionsausschuss habe das Bezirksamt weitere zusätzliche Mängel am Brandensteinweg als unüberwindbare Genehmigungshindernisse angeführt, erklärte der Verein. Dazu zählten keine ausreichende Regenentwässerung, Fehlen von Straßenbeleuchtung und Gehweg sowie eine nur sehr eingeschränkte Erreichbarkeit für Ver- und Entsorgungsfahrzeuge. Für einen notwendigen Ausbau habe der Bezirk weder das Geld, noch wäre er wegen der Platzverhältnisse möglich.

Eine Anfrage des Spandauer Volksblatts hat das Bezirksamt in einer ersten Stellungnahme wie folgt beantwortet. Eine Baugenehmigung für den Neubau des Clubhauses am Stößensee sei bisher „weder erteilt noch abgelehnt worden“, hieß es dort.

Der Ruderverein hofft auf Einsicht, auf Einigung im Behörden-Pingpong, verweist auch darauf, dass die zuletzt geäußerten Einwände eigentlich den Schluss ziehen lassen, der Bezirk habe seit Gültigkeit der aktuellen Rechtslage im Jahr 1979 über mehr als 40 Jahre Baugenehmigungen erteilt, die sämtlich rechtswidrig gewesen seien.

Der Bauantrag und die Pläne für den Neubau hätten bereits rund 50 000 Euro gekostet, sagt Harald Krebs. Das gesamte Projekt werde überwiegend durch Spenden finanziert, die zweckgebunden seien. Finanzielle Unterstützung habe auch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport zugesagt. Könne das neue Vereinshaus nicht realisiert werden, wäre die gesamte Existenz in Gefahr. Wenn Mitglieder nicht mehr die Möglichkeit hätten, ihren Sport und das Vereinsleben in gewohnter Form auszuüben, dann würden sie im Zweifelsfall gehen.

Beim Ortstermin anwesend war auch Michael Hehlke, der Geschäftsführer des Landesruderverbandes Berlin. Für ihn sind der ARC und seine Probleme eine Art Präzedenzfall. Vereine dieser Größenordnung wären typisch für seine Sportart. Wenn sie nicht mehr investieren könnten, wäre das fatal. Und er befürchtet, dass es solche Schwierigkeiten, wie beim Akademischen Ruder Club auch an anderen Stellen geben könnte.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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