Entdeckungen an einer spannenden und filmhistorisch bedeutsamen Straße in Nikolassee und Zehlendorf

Die alte Buche mitten auf dem Bürgersteig überlebte die Verbreiterung der Lindenthaler Allee in den 1950er Jahren. | Foto: Ulrike Martin
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Über einen Kilometer ist sie lang, die Lindenthaler Allee. Der größere Teil gehört zu Nikolassee, der nördliche Teil bis zum Mexikoplatz zum Ortsteil Zehlendorf. Die Straße hat eine spannende Geschichte und sogar eine Bedeutung für Film-Freunde: 1930 war die Ecke Potsdamer Chaussee einer der Drehorte für „Die Drei von der Tankstelle“.

Der heutige Bahnhof Mexikoplatz trägt diesen Namen seit 1987. Bei der Eröffnung 1904 hieß die Station Zehlendorf-Beerenstraße, ab 1911 Zehlendorf-West, ab 1958 Lindenthaler Allee. Der Bahnhof bildete den Mittelpunkt der einstigen Villenkolonie Zehlendorf-West. Die Zehlendorf-West-Terrain AG legte die anfangs mit Linden bepflanzte Straße 1892 bis 1895 als „Lindenallee“ an.

Am 1. Dezember 1934 wurde sie, angepasst zu anderen Straßen in der Umgebung, nach dem NSDAP-Mitglied Theodor Fritsch (1852-1933) benannt. Fritsch war Publizist und Verleger antisemitischer Schriften, unter anderem gab er bereits 1887 den Antisemitismus-Catechismus heraus. Im Rahmen der Beseitigung von NS-Gedankengut erfolgte 1947 die Umbenennung, angepasst an den vorherigen Namen. Da es die Lindenstraße mehrfach in Berlin gab, wurde die Allee nach Lindenthal, einem Stadtteil im Nordwesten von Leipzig, benannt.

Wer am Mexikoplatz aussteigt und in Richtung Süden läuft, merkt schnell: Eine Straße zum Flanieren ist die Lindenthaler Allee nicht. Drei Fahrspuren pro Richtung bringen viel Autoverkehr mit sich. Auch die Infrastruktur lädt zum Bummeln eher nicht ein. Es gibt ein Gartencenter, zwei Tierarztpraxen, zwei Seniorenresidenzen, aber keine Cafés, keine Läden.

Hingegen lohnen sich Blicke auf die alten Häuser oder besser gesagt Villen. Sie stehen leicht erhöht auf mit Bäumen bestandenen Grundstücken rechts und links der Allee, haben Gauben, Giebel und Fachwerk, erinnern an Burgen in einem Märchenwald. Die Häuser mit den Nummern 5, 6, 14 und 30 stehen unter Denkmalschutz. Über dem Portal der Nummer 30 ist die lateinische Inschrift Numquam Retro Sum – Niemals zurück – zu lesen.

Alte Buchen durften bleiben

Auch zu entdecken: Mitten auf dem Bürgersteig stehen in einigem Abstand zueinander drei alte Buchen. Eine Passantin, die mich fragt, was ich da eigentlich fotografiere, hat die Geschichte dazu. In den 50er Jahren wurde die Straße verbreitert, die Bäume durften bleiben – damals, in der autofreundlichen Zeit, sehr ungewöhnlich. Es gab eine Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt einsetzte.

An der Ecke Potsdamer Chaussee steht eine Star-Tankstelle – modern und hell. Nichts daran erinnert an ihre Vorgängerin, in der Szenen für den 1930 entstandenen UFA-Musikfilm „Die Drei von der Tankstelle“ gedreht wurden. Die Drei hießen Willy, Kurt und Hans, dargestellt von Willy Fritsch, Oskar Karlweis und Heinz Rühmann. Sie waren alle in Lilian Cossmann verliebt. Die Schauspielerin Lilian Harvey wurde spätestens mit dieser Rolle zum Star. Ein Lied aus dem Film ist auch heute noch bekannt: „Ein Freund, ein guter Freund“.

Immerhin gibt es an dieser Kreuzung zwei Einkehrmöglichkeiten – ein Ristorante und wenige Meter weiter eine Trattoria.

Nach der Kreuzung Oertzenweg und Charles-H.-Kingstraße wird die Lindenthaler Allee schmaler. An der Einmündung der Lloyd-G.-Wells-Straße endet sie in einem Weg, der durch einen Grünstreifen bis zur Landesgrenze zu Brandenburg führt. Dieser Streifen, der bis zum ehemaligen S-Bahnhofs Düppel, einer Station der Stammbahn verläuft, wird für eine mögliche Verbindung nach Kleinmachnow freigehalten.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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