Charlottenburg. Druckfrisch liegt die Dokumentation "Frauen des Widerstandes" von Karl Dürr vor. "Mich hat immer geärgert, dass bisher immer nur die Männer des 20. Juli im Blickfeld des Widerstands standen. Frauen kamen bestenfalls als Gattinnen oder Geliebte vor", sagt Karl Dürr.
Während seiner ehrenamtlichen Mitarbeit in der Arbeitsgruppe, die die Geschichte des früheren Gerichtsgefängnisses in der Kantstraße 79 aufarbeitete, ist Karl Dürr auf einen unschätzbaren Materialfundus gestoßen. Zu jener Zeit war dieses Gefängnis für die Frauen des Widerstands Durchgangsstation - für manche in die Entlassung, für andere in Zuchthäuser und Konzentrationslager, für viele von ihnen zum Schafott in Plötzensee.
Erstmals werden hier die Abschiedsbriefe jener Frauen veröffentlicht, für die die Kantstraße letzte Station vor dem Schafott war. Das erschütterndste Dokument ist ein Bericht des Pfarrers Harald Poelchau. Er hatte in Plötzensee die Frauen und Männer auf ihrem letzten Weg begleitet. Sachlich schildert er, unter welchen bestialischen Bedingungen und mit welcher Routine dort "im Namen des Gesetzes" gemordet wurde. Wie schnell das geschehen konnte, zeigt der Brief eines anonymen Denunzianten an die Gestapo: "Es ist die Jüdin Blumenfeld, die sich bei Frau Reich in Berlin W. Passauerstrasse 38 vorn 3 Treppen heimlich versteckt. So was muss doch sofort unterbunden werden, schicken Sie gleich früh um 7 Uhr einen Beamten und lassen Sie diese Leute abholen. Diese Jüdin war früher immer hochnäsig. Sie müssen schnell machen, sonst verschwindet sie vielleicht noch woanders hin." Aufgrund dieses Schreibens wurden 50 Personen verhaftet.
Karl Dürr gibt sein Interview mit Diana von Bredow wieder, die das Gefängnis in die Freiheit verlassen konnte. Von ihr erhält der Leser einen Eindruck vom damaligen Gefängnisalltag. Von Bredow wurde dort im Alter von 24 Jahren mit ihren beiden Schwestern als Sippenhäftling eingesperrt, weil der Mitverschwörer des 20. Juli Werner von Haeften bei den Bredows verkehrte. Poetisch hat diesen Alltag die Charlottenburger Widerstandskämpferin Libertas Schulze-Boysen verarbeitet. Der Vers "Die Träume einzig blieben mir" aus ihrem Gedicht "In Zelle 20" - auch eine Entdeckung von Karl Dürr - gaben der Ausstellung des Bezirksmuseums über das Gefängnis den Titel.
Diese Ausstellung wird jetzt mit der Ausstellung des Bundesministeriums der Justiz "Im Namen des Deutschen Volkes - Justiz und Nationalsozialismus" dauerhaft im Oberverwaltungsgericht in der Hardenbergstraße 1 gezeigt. Hier wie auch in der Villa Oppenheim in der Schloßstraße 55 ist die Broschüre von Karl Dürr für 8 Euro erhältlich. Die Ausstellungen im Oberverwaltungsgericht sind Mo-Do 7-15.45 Uhr, Fr bis 14.30 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
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