Kiez- und Stadtteilmütter helfen Zugewanderten
Gönül Kirca weiß, wie fremd die Antragsformulare der deutschen Behörden wirken können. Sie erlebte, welche Verwirrung das Schulsystem zunächst stiftet. Nun, da Kirca all diese Schwierigkeiten in den Griff bekommen hat, hilft sie anderen, die sich heute in einer ähnlichen Lage befinden, wie Kirca zuvor selbst. Die temperamentvolle Türkischstämmige ist eine von vier Stadtteilmüttern, die das Leben von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ein Stückchen erleichtern wollen. "Wir haben die Empathie dazu", sagt Kirca. "Wir kennen schließlich die Probleme."
Neben den Stadtteilmüttern versehen dutzende Kiezmütter und drei Kiezväter ganz ähnliche Dienste. Seit 2009 sammelte der Bezirk erfreulich positive Erfahrungen mit diesem Projekt, das zuvor in Neukölln und noch viel eher in Rotterdam Schule machte. Getragen wird es vom Diakonischen Werk Steglitz und dem Evangelischen Jugendhilfeverein um Manuela Sonntag.
Während die Kiezmütter mit Fördermitteln des Jobcenters beschäftigt werden, sind die Stadtteilmütter bei den Trägern fest angestellt. Geld erhalten sie jedoch aus den Kassen der Senatsarbeitsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen unter Federführung von Dilek Kolat.
Die helfenden Frauen wenden sich überwiegend an Familien mit Kindern im Grundschulalter. "Schwierigkeiten haben wir nicht mit den Kleinen, sondern mit den Eltern. Sie wissen fast nichts über das deutsche Rechts- und Schulsystem. Und sie können ihre Kinder nicht richtig auf das Leben vorbereiten", erzählt Kirca.
Dass immer noch nicht alle Einrichtungen des Bezirks wissen, wie wertvoll solche Dienste sind, bedauert Annegret Hansen von der SPD. "Manche Sozialarbeiter betrachten die Stadtteilmütter als Konkurrenz, nicht als Ergänzung", sagt Hansen. Ein neues Arbeitsfeld sieht sie in den Hilfsleistungen für Flüchtlinge, deren Zahl im Bezirk weiter steigen wird. Frauen wie Yvon Mboukeh Chie könnten dann Gold wert sein. Vor sieben Jahren kam Yvon aus Kamerun nach Deutschland, fasste hier mit drei Kindern Fuß und durchlief nun die Ausbildung zur Stadtteilmutter. Als solche fand sie prompt eine Schicksalsgenossin, der es an allem fehlte. "Sie hatte keine Krankenversicherung und bekam keine Wohnung."
Für Projektleiterin Claudia Hesse-Kresinszky ein Paradebeispiel: "Unsere Stadtteilmütter haben alle Probleme dieser Frau geregelt." Auch einen Deutschkurs werden sie ihr noch vermitteln.
Was den Müttern noch fehlt, ist ein geeignetes Domizil im Bezirk. Momentan tagen sie in den Räumen des Diakonischen Werks in Steglitz. Aber wenn jemand Hilfe braucht, begeben sie sich ohnehin zu demjenigen, der sie ruft. Das haben gute Mütter so an sich.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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