Gedicht der Woche
Kleine Aster/ Enzian
Da es die Datumsgrenze möglich macht, teil ich ein Gedicht von Gottfried Benn, dem berühmten Expressionist, von 1912 "Kleine Aster" aus "Morgue". Dazu stelle ich ein Gedicht von mir, dass das in meiner Art beschreibt, was Benn erzählt. Mein Gedicht ist eigenständig und steht in meinem Buch: "Von Innen nach Innen" vom Gill Verlag. Benn war Arzt und verstarb in West-Berlin. Und er schrieb düstere Dinge, hier:
Kleine Aster
Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt
Irgendeiner hatte ihm eine dunkel-hell lila Aster zwischen die Zähne geklemmt
Als ich von der Brust aus
Mit einem langen Messer
Zunge und Gaumen herausschnitt
Muss ich sie angestossen haben
Denn sie glitt in das nebenliegende Gehirn
Ich packte sie ihm
In die Brusthöhle zwischen die Holzwolle als man zunähte
Trinke dich satt in deiner Vase!
Ruhe sanft
Kleine Aster!
Gottfried Benn
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gott hab ihn selig
den Gottfried,
wie er den enzian beschrieb die blume des kutschers
die frau wat tot
doch ihr gesicht verriet
nicht ob sie glücklich war,
sie sah hungrig aus
schmerzverzerrt
ich sah ihre zwei gesichter
in der leichenhalle
niemand wusste,
wer sie war
und wer sie geliebt hatte..
aber sie bleibt ein gedicht
die lebende bebende
Uwe Kraus, den 25.07.20
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