Vermessen, pflegen, informieren
Was die Mauerstiftung an der East Side Gallery vorhat

Kani Alavi, Axel Klausmeier und Klaus Lederer (von links) bei der Präsentation des East-Side-Gallery-Konzepts.  | Foto: Thomas Frey
2Bilder
  • Kani Alavi, Axel Klausmeier und Klaus Lederer (von links) bei der Präsentation des East-Side-Gallery-Konzepts.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Am 1. November ist die East Side Gallery samt ihrer Grundstücke in die Verantwortung der Stiftung Berliner Mauer übergegangen. Die Stiftung war dort aber schon zuvor nicht untätig.

Darauf deutet die erste Bestandsaufnahme hin, die ihr Direktor Professor Axel Klausmeier bei einem Vor-Ort-Termin am 21. November abgab. Jeder der jeweils 3,80 Meter langen und 1,20 Meter breiten Betonblöcke entlang der Mühlenstraße wäre, wie das Gelände insgesamt, vermessen worden. Auch was sich noch im Untergrund befindet, wird einer näheren Betrachtung unterzogen. An einer Stelle soll es Ausgrabungen geben, weil dort das Fundament eines Wachturms vermutet wird.

Bei der East Side Gallery handelt es sich zunächst um das längste noch erhaltene Stück der Berliner Mauer. Genauer gesagt um rund 1,2 Kilometer Hinterlandmauer parallel zur Spree. Dass sie nach der friedlichen Revolution von 1989 nicht ebenfalls abgetragen wurde, ist Künstlern aus aller Welt zu verdanken, die den Wall Anfang 1990 bemalten. Daraus entstand die East Side Gallery, die heute wohl auch international bekannteste Freiluft-Galerie.

Touren in neun Sprachen

Das große Interesse, ausgedrückt an jährlich rund drei Millionen Besuchern, stand bisher im Kontrast zur lange Zeit eher stiefmütterlichen Behandlung durch die öffentliche Hand. Die Übergabe an die Mauerstiftung soll das auch sichtbar ändern. Sie erhält für diese Aufgabe vom Land Berlin zusätzliche Mittel in Höhe von jährlich 250 000 Euro.

Ungewöhnlich sei schon gewesen, dass die Gäste kaum Informationen bekommen hätten, sagt Axel Klausmeier. Weder zur Geschichte des Orts, noch zu den Kunstwerken und den Künstlern. Die wird es jetzt geben. Zunächst durch öffentliche Überblicksführungen, die ab sofort an jedem Sonnabend stattfinden. Um 10.30 Uhr startet eine Tour in englischer Sprache, um 11 Uhr in Deutsch. Sie dauert jeweils eine Stunde. Treffpunkt ist an der Mühlenstraße 73, schräg gegenüber der Tamara-Danz-Straße. Erwachsene bezahlen 3,50, ermäßigt 2,50 Euro, für Schülerinnen und Schüler ist die Teilnahme kostenfrei. Nötig ist eine vorherige Anmeldung immer bis spätestens Freitag unter der Telefonnummer 467 98 66 23. Des Weiteren werden Gruppenführungen zu bestimmten Themen angeboten. Sie können in insgesamt neun Sprachen gebucht werden und beschäftigen sich mit der Historie oder der Kunst an der East Side Gallery. Auch ein spezieller Rundgang für Kinder zwischen acht und zwölf Jahren gehört dazu. Und ab Februar 2019 folgen noch zwei Touren in leichter Sprache. Alle Hinweise sowie Online-Anmeldung unter www.eastsidegalleryberlin.de.

Weiter in die Ferne gehen Pläne für eine Ausstellung auf dem Gelände. Laut Axel Klausmeier soll sie bis Ende 2022 eingerichtet werden. Wobei die Vorbereitungen bereits jetzt beginnen. Sie beinhalten auch eine Befragung der Besucher im kommenden Jahr. Für sie soll ab nächstem Frühjahr außerdem ein Container als temporäre Anlaufstelle und Service Point eingerichtet werden.

Kampf gegen Müll und Graffiti

Zu den Aufgaben der Mauerstiftung gehört auch die Pflege und insgesamt der Erhalt der East Side Gallery. Gerade was diese Punkte betrifft, gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Anlass zur Klage, Stichworte Müll und Graffiti. Seit Anfang November wurde der Reinigungsrhythmus auf der Grünfläche auf drei Einsätze pro Woche erhöht. Schmierereien an den Bildern sollen in der Regel nach spätestens 14 Tagen verschwinden.

An der East Side Gallery kommen viele Facetten der jüngeren Vergangenheit zusammen. Sie bleibt sichtbarer Ausdruck für die einst geteilte Stadt, einschließlich zahlreicher Toter an dieser Stelle. Sie steht für das Überwinden von Mauern und das künstlerische Aneignen, das sich auch auf diese Vorgeschichte bezieht. Und das alles soll nicht zuletzt den Menschen vermittelt werden, die nach 1989 geboren sind. Er sei überzeugt, dass die East Side Gallery nun dem gerecht werde, was sie sein soll, erklärte Kultursenator Klaus Lederer (Linke). "Ein authentischer Geschichtsort, Ort für Vermittlung, Freiluftgalerie und Raum für temporäre Kunst und Kultur, die mit der Erinnerungsarbeit gut korrespondieren kann."

Kritik: Mauerstiftung überfordert

Kritik kommt dagegen von der Initiative "East Side Gallery – A Living Monument to Joy", bei der auch einige der einstigen Mauerkünstler mitmachen. Sie fordert, "den Ruf des Epochenjahres 1989 nach Frieden, Freiheit und Demokratie mit Hilfe eines zukunftsweisenden Bildungskonzepts im Hier und Jetzt zu reflektieren." Damit sei die Mauerstiftung nach ihrer Ansicht "offensichtlich überfordert."

Ganz anders sieht das wiederum Kani Alavi, Sprecher des Vereins East Side Gallery. Er und seine Mitstreiter hatten sich in den vergangenen Jahren häufig im Alleingang für den Erhalt und eine gesicherte Zukunft der Mauerreste eingesetzt. Die Übergabe an die Mauerstiftung sei dabei schon lange als Ziel verfolgt worden, betonte Alavi. Er hoffe jetzt, dass an dem Denkmal weniger "herumgefummelt" werde und bezog das nicht zuletzt auf das Heraustrennen von bemalten Mauerstücken wegen Neubauten auf dem ehemaligen Todesstreifen. Die Verantwortung dafür sah Kani Alavi beim Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Ein weiteres Durchlöchen der East Side Gallery werde es nicht mehr geben, versprach Axel Klausmeier. Davor schütze bereits die Stiftung als Eigentümer des Areals. Außerdem seien keine weiteren Bauanträge anhängig.

Kani Alavi, Axel Klausmeier und Klaus Lederer (von links) bei der Präsentation des East-Side-Gallery-Konzepts.  | Foto: Thomas Frey
Die Parkseite der Mauer soll wieder weiß werden und weiß bleiben. | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 690× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 694× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 659× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 506× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 670× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 970× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.