Der „Elder Statesman“ geht: Werner Hirschmüller von den Grünen verlässt die BVV

Werner Hirschmüller (Bündnis 90/Grüne) nahm seinen Abschied aus der Bezirkspolitik | Foto: Thomas Frey
2Bilder
  • Werner Hirschmüller (Bündnis 90/Grüne) nahm seinen Abschied aus der Bezirkspolitik
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain-Kreuzberg. Sein Platz in der Bezirksverordnetenversammlung war nicht in der ersten Reihe. Trotzdem war Werner Hirschmüller (Bündnis 90/Grüne) eine wichtige Figur im Politikbetrieb von Friedrichshain-Kreuzberg.

Damit ist jetzt Schluss. Am 24. Juni nahm Hirschmüller Abschied von der BVV. Er werde mit seiner Frau in seine Heimatstadt Hannover ziehen, erklärte der 67-Jährige. Beide sind inzwischen Rentner und in der niedersächsischen Landeshauptstadt hätten sie ein Haus geerbt.

Seinen Rückzug verkündete Hirschmüller zuvor im Haushaltsausschuss. Dort war er seit 2006 Vorsitzender. Schon dieser Posten erklärt seine wichtige Stellung im Politikgefüge des Bezirks. Die Haushälter wachen über das Geld. Das ist die Königsdisziplin aller Berliner Kommunalverwaltungen. Und der Oberwächter war nicht nur wegen seines Amtes Werner Hirschmüller.

Wenn es um Zahlen ging, kannte der Vorsitzende keine Verwandten. Auch Stadträte, die seiner Partei angehörten, zitierte er vor das Gremium, wenn in ihren Abteilungen die Ausgaben für ein Loch in der Kasse sorgten. Solide Finanzen waren für den Grünen immer ein wichtiges Beispiel für Nachhaltigkeit.
Aber natürlich war er auch geübt, Schwachstellen des politischen Gegners zu erkennen und dagegen eine Attacke zu reiten. Deutlich wurde das im Schulausschuss, den er zuletzt ebenfalls leitete. Die Planungen des Schulamts hielt er für nicht schlüssig, was vor allem als Angriff auf Stadtrat Dr. Peter Beckers (SPD) zu werten war.

Politik und Verwaltung zu kontrollieren und auf Dinge hinzuweisen, die die Bevölkerung umtreiben, so habe er seine Aufgabe als Bezirksverordneter verstanden, sagt Werner Hirschmüller. Dabei räumt er ein, dass er manchmal auch als Parteisoldat agiert hat.

Denn der Mann ist nicht nur ein Grünes Urgestein und amtierte zeitweise als Schatzmeister der Landespartei, sondern konnte bereits vor der Gründung der Alternativen auf eine bewegte politische Vita zurückblicken. Als Mitglied des Studentenausschuss (Asta) der staatlichen Ingenieurakademie Hannover machte Hirschmüller als 21-Jähriger im Sommer 1969 sogar bundesweit Schlagzeilen. Mit anderen Asta-Mitgliedern hatte er von der Stadt die Erlaubnis erhalten, an einem Informationsstand Flugblätter zu verteilen, die auf die Probleme der Ingenieurstudenten hinwiesen. Trotzdem stürmte die Polizei die Aktion. Hirschmüller wurde zu Boden gerissen und landete in einem Busch. Danach musste sich die Polizei für das Vorgehen entschuldigen und beim Wiederaufbau des Stands helfen.

Zwei Jahre später ging er nach Berlin. „Nachdem mir klar wurde, dass in Hannover keine Revolution ausbricht, habe ich mir gedacht, vielleicht gelingt das hier noch“, meint er heute lachend.

Längst ist aus dem Spät-68er eine Art Elder Statesman geworden, dessen Rat und Lebenserfahrung in seiner Partei und darüber hinaus gefragt waren – ohne dass er deshalb weniger streitbar geworden wäre.

Seinen Rückzug habe er bereits vor einem Jahr angekündigt, sagt Werner Hirschmüller. „Auch wenn ich mich nicht so alt fühle – ich bin 67. Es können deshalb ruhig weitere Jüngere nachrücken.“ Alle Brücken will er aber nicht abbrechen. „Ich habe darum gebeten, dass ich bis zum nächsten Jahr weiter im E-Mail-Verteiler der Bezirkspartei bleibe.“

tf

Werner Hirschmüller (Bündnis 90/Grüne) nahm seinen Abschied aus der Bezirkspolitik | Foto: Thomas Frey
Der Herr der Zahlen. Fast zehn Jahre war Werner Hirschmüller Vorsitzender des Haushaltsausschuss. | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 243× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.004× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 658× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.147× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.033× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.