Flüchtlinge fragen, Wefugees antwortet: Online-Plattform als interaktives Hilfsprojekt
Kreuzberg. Flüchtling Amira hat eine Wohnung gefunden. Was ihr jetzt noch fehlt, ist die passende und günstige Einrichtung. Wo bekommt sie die her?
Mit dieser Frage wurde die Frau auf der Plattform Wefugess vorstellig und erhielt dort die gewünschte Resonanz. Möbel, Elektrogeräte oder weiteres Equipment lasse sich ganz gut über Ebay erstehen, so ein Tipp. Ein anderer Hinweis verwies auf Trödelmärkte, auch bei Verkaufsräumen in Einrichtungen wie "Motz & Co." könne sie fündig werden, wurde ihr geraten.
Amiras Hilfeersuchen und die Reaktionen darauf ist eines von vielen Beispielen, wie Wefugees funktioniert. Interaktiv geht es dort um Anliegen, die geflüchtete Menschen beschäftigen. Rat bekommen sie von anderen Usern, die auf der Seite eingeloggt sind, oder den Machern des Projekts, die als Administratoren und Moderatoren in den Räumen eines Social Impact Lab in der Muskauer Straße agieren.
Passgenaue Lösung finden
Facts und Questions für Flüchtlinge lassen sich zwar bereits bisher finden. Viele Unterstützergruppen, Träger von Unterkünften und sogar manche Behörden bieten einen solchen Service. Ähnliches gilt für zahlreiche Facebook-Seiten. Aber gerade diese Masse mache es schwierig, sich zurechtzufinden, meint Cornelia Röper. Und häufig gebe es dort auch nicht die passgenaue Lösung für ein bestimmtes Problem. Anders als bei Wefugees, das deshalb zur ersten Adresse für alle Flüchtlingsfragen werden soll.
Cornelia Röper ist die Gründerin und Leiterin des Projekts, dessen Name sich aus We und Refugees, also "Wir und die Flüchtlinge", zusammensetzt. Die Idee sei ihr gekommen, als sie im vergangenen Jahr als Unterstützerin für Geflüchtete tätig war, erzählt die 25-Jährige. Auf vieles, was die Menschen bewegte, habe es zumindest spontan keine Antwort gegeben. Sie online zu liefern, lag bereits bei ihrem beruflichen Werdegang nahe, denn Cornelia Röper kommt aus der IT-Branche. Bei ihrer damaligen Firma entwickelte sie die Plattform mit anderen Kollegen. "Sehr schnell merkte ich aber, dass mich das mehr als alles andere beschäftigt." Deshalb stieg sie aus dem Job aus und organisiert Wefugees seither mit anderen, bisher ehrenamtlichen Mitstreitern.
Traffic noch ausbaufähig
Zu ihnen gehört beispielsweise Peter Zweigler, der ebenfalls über die Flüchtlingsarbeit zu diesem besonderen Start-up fand. Eliza stammt aus Italien, Juan aus Guatemala. Und nicht zu vergessen Feras, der vor zehn Monaten aus Syrien nach Deutschland kam. Er habe selbst erlebt, wie schwierig es sei, manches hier erklärt zu bekommen. Feras ist nicht zuletzt für die Anliegen zuständig, die in arabischer Sprache auf der Website landen.
Die Resonanz geben die Macher mit rund 18 000 Visits pro Monat an. Das sei für die Anfangsphase nicht schlecht, aber noch ausbaufähig. Aufmerksam gemacht haben sie auf das Angebot bisher durch Flyer sowie Mund-zu-Mund-Propaganda. Gerade in Flüchtlingsunterkünften werde Wefugees inzwischen sehr fleißig weiter kommuniziert.
Und es kommen Fragen zu allen Themen- und Lebensbereichen. Von einem Arzt, der in der Nähe einer Unterkunft gesucht wird, über Schulplätze, rechtliche Probleme, Einkaufsmöglichkeiten, andere Menschen kennenlernen. Um ihnen gerecht zu werden, kann jeder einen Beitrag leisten. Experten, die sich in einem bestimmten Fachgebiet auskennen, ebenso wie Menschen, die über Freizeitangebote in ihrer Stadt Bescheid wissen, Kochrezepte liefern oder die Trainingszeiten eines Sportvereins im Kopf haben. Alle werden so zu Flüchtlingsunterstützern, sagt Cornelia Röper. Dabei genüge es, sich ab und zu auf der Seite einzuloggen.
Ihr Projekt betreiben sie und ihre Kollegen bisher aus reinem Idealismus. Das soll sich irgendwann ändern. Kurzfristig überlegen sie über Stiftungen oder Fördertöpfe Mittel zu akquirieren, aber vor allem soll Wefugees zu einem Social-Profit-Unternehmen werden. Denn es werde hier eine Dienstleistung angeboten, die für Einrichtungen oder Behörden in der Flüchtlingsarbeit interessant ist, skizziert die Chefin diesen Weg. Weil Geflüchtete hier ihre Fragen beantwortet bekommen, entlaste das viele Beratungsstellen. Die sollten dafür einen finanziellen Beitrag zum interaktiven Service leisten. Erste Gespräche in dieser Richtung habe es bereits gegeben, zum Beispiel mit dem Lageso.
Irgendwann Geld verdienen
Mit dem Einsatz irgendwann Geld zu verdienen, wäre nicht schlecht, meint auch Studentin Eliza. "Derzeit kellnere ich, um meine Miete bezahlen zu können."
Und dazwischen kümmert sich die Italienerin zum Beispiel um Angebote für Sprachkurse in Dortmund. Das war eines von vielen weiteren Anliegen, die an diesem Nachmittag bei Wefugees eingegangen sind. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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