Interaktive Integration: Geflüchtete Frauen lernen per Computer nicht nur Sprache und IT
Kreuzberg. Ein knappes Dutzend Frauen sitzt vor den Bildschirmen. Einige klicken sich zunächst durch verschiedene Websites, andere starten ziemlich schnell mit eigenen Schreibübungen.
"Intisar Albattat", trägt eine von ihnen als erstes ihren Namen auf der Seite ein. Es folgt da Alter und danach deutsche Sätze wie "Ich backe einen Apfelkuchen". Die 35-Jährige aus Syrien gehört zu den regelmäßigen Besucherinnen des Projekts "Digital Empowerment – Medienkompetenz für geflüchtete Frauen", das seit Januar im FrauenComputerZentrumBerlin in der Cuvrystraße 1 stattfindet. Bereits im Dezember startete ein solches Angebot in der Flüchtlingsunterkunft an der Daimlerstraße in Marienfelde, im Sommer soll es auf eine weitere Einrichtung ausgeweitet werden. Anders als bei den Vor-Ort-Terminen, die sich an die Bewohnerinnen der jeweiligen Unterkunft richten, ist das Angebot im ComputerZentrum für Teilnehmerinnen aus der ganzen Stadt offen.
Selbstverständlich wie lesen und schreiben
In Kontakt kommen sollen sie mit der digitalen Welt, deren Kenntnisse heute in unserer Gesellschaft "so selbstverständlich sind, wie Lesen und Schreiben", wie es im Begleittext zum Projekt heißt. Schon deshalb bedeute die interaktive Aus- und Weiterbildung auch einen entscheidenden Schritt zur Integration. Darüber hinaus soll sie Frauen den persönlichen und beruflichen Lebensweg in Deutschland erleichtern, ihre Sprachkenntnisse verbessern, weitere Fähigkeiten vermitteln und damit gleichzeitig ihr Selbstbewusstsein stärken.
Die Voraussetzungen, die die einzelnen Teilnehmerinnen dafür mitbringen, sind ganz unterschiedlich. Deshalb wird auch mit jeder individuell gearbeitet. Unter ihnen befinden sich Analphabetinnen, die in diesem Kurs ihr erstes Wort geschrieben haben, ebenso wie Frauen, für die E-Mails oder World Wide Web keine Fremdworte sind. Maryam (16) gehört zur letzteren Gruppe. Sie ist mit ihrer Mutter hier, weil gerade Ferien sind, erzählt die Schülerin, die aus dem Irak kommt. Auch Intisar scheint sich in der virtuellen Welt schon ganz gut zurechtfinden. In Syrien habe sie als Designerin gearbeitet. Dort sei aber beim Herstellen von Entwürfen noch vieles "über Papier" gelaufen, erzählt sie. Seba (27), ebenfalls aus Syrien, verfügt dagegen über IT-Erfahrungen. Sie gehört zu mehreren Frauen aus unterschiedlichen Herkunftsländern, teilweise mit eigener Fluchterfahrung, die Teil des Ausbildungsteams sind, etwa als Übersetzerinnen oder zur Hilfe bei Fragen.
Zukunft in die eigene Hand nehmen
Der Einstieg beziehungsweies das Vertiefen der Computerkenntnisse sind nur die Basis, um sich im realen Leben zurechtzufinden. Ausflüge und Exkursionen gehören ebenfalls zum Programm, egal ob in Museen oder zu Beratungsstellen. Auch auf Kontakte untereinander wird Wert gelegt. Das alles mit dem Ziel, sich die neue Heimat möglichst schnell zu erschließen, um am Ende die Zukunft in die eigene Hand nehmen zu können.
Natürlich wird das nicht bei allen gleich gut gelingen. Aber manche Frauen haben schon jetzt konkrete Vorstellungen, wie es mit ihnen weitergehen soll. Eine Arbeit finden, sagt Intisar. Tahere Rezeie, eine Schneiderin aus dem Iran, würde sich gerne mit ihrem Beruf selbständig machen. Statements, die auch eine Art Visitenkarte des Projekts bedeuten.
"Digital Empowerment" wird mit 260 000 Euro im Rahmen des Masterplans für Integration und Sicherheit unterstützt, wie Barbara König (SPD), Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, erklärt. Die Mittel sind zunächst für dieses Jahr gesichert. "Wir hoffen natürlich, dass es auch danach weitergeht", sagt FrauenComputerZentrum-Sprecherin Duscha Rosen. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.