Dirk Trost ist für Obdachlose in Berlin unterwegs

Dirk Trost initiierte mit Gleichgesinnten das ehrenamtliche Projekt Kältebus-Tango-Kalender. Dieser kommt der Kältehilfe der Stadtmission zugute. | Foto: Kahle
  • Dirk Trost initiierte mit Gleichgesinnten das ehrenamtliche Projekt Kältebus-Tango-Kalender. Dieser kommt der Kältehilfe der Stadtmission zugute.
  • Foto: Kahle
  • hochgeladen von Michael Kahle

Berlin. Schätzungsweise 11.000 Menschen leben in Berlin ohne Wohnung. Eine genaue Statistik gibt es nicht. Um Obdachlosen zu helfen, die kalte Jahreszeit zu überstehen, ist der Kältebus der Berliner Stadtmission alljährlich vom 1. November bis zum 31. März in der Stadt unterwegs.

Sobald es draußen gefährlich kalt wird, fährt der Bus durch die nächtlichen Straßen Berlins und bietet Obdachlosen an, sie zu einer Notübernachtung zu bringen. Und das seit nunmehr 20 Jahren. "Dabei wird niemand zu etwas gezwungen und keiner abgewiesen", sagt Dirk Trost (57). Er fährt seit sechs Jahren ehrenamtlich einen dieser Busse, und zwar immer auch Heiligabend. Dann begleitet ihn seine Frau Patricia als Beifahrerin.

Durchschnittlich 14 Winternächte im Jahr ist Trost für die Ärmsten der Armen als Kältebusfahrer unterwegs. "Viele Menschen kommen mit ihrem Leben nicht klar", sagt der 57-Jährige. "Ich bin in der glücklichen Lage, etwas abgeben zu können, weil ich klar komme." Gegen 21 Uhr startet er zu seinen nächtlichen Touren. Die gehen offiziell bis 3 Uhr, bei dringendem Bedarf schon manchmal bis 5 Uhr.

Von den Kollegen und über den Anrufbeantworter des Kältenotrufs ( 0178-523 58 38) erfährt er, wo Not am Mann oder an der Frau ist. Bis zu 90 Anrufe können es schon mal in kalten Nächten sein.

Dirk Trost und seine fest angestellten Kollegen wissen, an welchen Plätzen in der Stadt sich Menschen aufhalten, die kein Dach über dem Kopf haben. Bereits bei Temperaturen, die noch einiges über Null liegen, birgt die Nacht unter freiem Himmel ein tödliches Risiko.

"Bei uns gibt es immer etwas Warmes zu trinken, bei Bedarf eine Decke oder mal eine Jacke. Ich bringe, wenn es gewünscht wird, dann unsere Gäste zur Stadtmission, während der Beifahrer per Telefon bereits ein Bett organisiert", sagt Trost, der für seine Gäste nur der Dirk ist, wie es auf seinem Namensschild steht.

"Unsere Aufgabe ist es, Leute vor dem Erfrieren zu bewahren, die aus gesundheitlichen oder psychischen Gründen nicht selbst Hilfe in Anspruch nehmen können", sagt der 57-Jährige. Zugleich macht er deutlich: "Wir sind weder Essen auf Rädern noch Taxi."

In seinem eigentlichen Leben leitet Dirk Trost eine Seniorenresidenz innerhalb eines deutschlandweiten Heimverbundes. Dieser Verbund spendet dank Trosts Engagement jährlich 5000 Euro für die Kältehilfe der Berliner Stadtmission. In seiner Freizeit schreibt Trost Fachbücher und Kriminalromane. Und er ist ein leidenschaftlicher Tango-Tänzer. Diese Kreativität kommt auch der Kältehilfe zugute.

Kalender mit Promis

Trost initiierte mit Gleichgesinnten das ehrenamtliche Projekt Kältebus-Tango-Kalender 2015. Prominente wie Max Rabe, Sarah Wiener, Sven Felski oder Nina Hagen, um nur einige zu nennen, ließen sich beim Tango mit obdachlosen Menschen vor bekannten Berliner Sehenswürdigkeiten ablichten.

Alle, die am Projekt teilnahmen - Organisatoren, Fotografen, Prominente, Webdesigner und Tanzlehrer - taten dies honorarfrei. Sie verstehen ihren Beitrag ebenso wie Dirk Trost als Engagement zur Unterstützung obdachloser Menschen in Berlin. Druck- und Vertriebskosten übernahmen Großfirmen. Der Kalender kostet 24,95 Euro. Jedes verkaufte Exemplar hilft einem Obdachlosen, das heißt, der Erlös sichert ihm eine Notübernachtung, medizinische Versorgung, eine warmes Abendessen, ein kräftiges Frühstück mit Kaffee und warme Bekleidung.

"Tango, das bedeutet Begegnung, Berührung, Umarmung", sagt Dirk Trost. "Das Gleiche gilt für die Kältehilfe: Leute rufen uns an, weil sie berührt sind vom Schicksal eines Obdachlosen. Mit dem Kältebus begegnen wir Menschen. Sie vor der Kälte zu retten, ist wie eine Umarmung. So schließt sich der Kreis."

Die Kältehilfe ist auf Geld-, Sach- und Lebensmittelspenden angewiesen. Diese können Mo bis Fr 9 bis 16.30 Uhr in der Lehrter Straße 68 abgegeben werden.

Weitere Infos gibt es auf www.berliner-stadtmission.de/kaeltehilfe, auf www.kaeltebustango.de und unter 69 03 33.
Michael Kahle / m.k.
Autor:

Michael Kahle aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 76× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 207× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 193× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 45× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 256× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 614× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.