Besuchen ja, berühren nein
Wie eine Familie unter der Corona-Krise besonders leidet
Wer einen geliebten Menschen im Krankenhaus oder Pflegeheim hat, der konnte diesen lange nicht besuchen. So wie Manuel Tack. Er durfte seine Lebenspartnerin rund zwei Monate nicht sehen. Sie liegt seit über einem Jahr im Koma.
„Das ist ohnehin schwer. Aber sie nicht sehen, nicht berühren zu dürfen, war fast unerträglich“, sagt Manuel Tack. Der 40-Jährige lebt mit den drei Kindern in einem Hochhaus an der Ludwig-Renn-Straße. Lebenspartnerin Janine (36) befindet sich seit über einem Jahr in einem Krankenhaus im Koma.
Vor Corona hatte es bei ihr einige kleine Fortschritte gegeben. „Sie hat manchmal schon ihren Kopf in unsere Richtung gedreht, wenn sie unsere Anwesenheit spürte oder uns hörte“, erzählt der Lebenspartner. Er ist sich sicher, dass die Besuche ihrer Familie wichtig dafür sind, dass sich der Zustand seiner Partnerin verbessert.
Die zwei stammen aus Brandenburg und haben sich in Berlin kennengelernt. Janine brachte zwei Kinder, Bryan (14) und Angelina (12), in die Partnerschaft mit. Erst im vergangenen Jahr, als die Geburt ihrer gemeinsamen Tochter Sophie-Melody bevorstand, zogen sie in eine etwas größere Wohnung innerhalb Marzahns um.
Die Geburt der Jüngsten am 18. März vergangenen Jahres wurde für die Patchwork-Familie zu einem Schicksalstag. Bei der Geburt lief etwas schief. „Die Ärzte haben sie zu spät geholt“, sagt Tack. Das zu sagen und den Namen des Krankenhauses zu nennen, ist ihm aber durch die Anwälte des Krankenhausbetreibers untersagt worden. Ob er jemals die Zeit, die Nerven und das Geld für einen Rechtsstreit haben wird, weiß der Vater noch nicht.
Seine Tage sind damit ausgefüllt, sich um den Alltag und die Kinder zu kümmern. Das ist schon deshalb nicht leicht, weil bei den älteren auch das Jugendamt immer mitzureden hat. Wie es mit dem Sorgerecht für die beiden weitergeht – sollte ihre Mutter nicht mehr aus dem Koma erwachen – ist nicht geklärt. Der gelernte Koch kann angesichts der familiären Umstände auch nicht arbeiten.
Für ihn steht im Vordergrund, dass es angesichts der Umstände den Kindern gut geht. Selbst nach Einsetzen der Corona-Einschränkungen machte er kleine Ausflüge mit ihnen, etwa auf die Ahrensfelder Berge. „Vielleicht schaffen wir es sogar, in den Schulferien eine kleine Reise zu unternehmen“, erklärt er.
Auch die älteren Kinder sind um ihre kleine Schwester bemüht. Beide müssen aber psychologisch betreut werden. „Mami fehlt uns sehr“, sagt Angelina. Nichts wäre schöner, wenn sie wieder aus dem Koma erwachen und sie wieder zu Hause sein könnte.
Tack und die Kinder können Janine auf Grund der Corona-Lockerungen wieder im Krankenhaus besuchen. Es darf aber jeweils nur eine Person zu ihr. Hygieneregeln wie Mundschutz und Abstand sind einzuhalten. Die Lebenspartnerin und Mutter einfach mal zu berühren, ist momentan nicht gestattet. Hinzu kommt eine bohrende Unsicherheit. „Wir haben keine Ahnung, was für Schäden bleibend sind, wenn sie aus dem Koma erwacht“, sagt Tack.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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