Ein Spaziergang am winterlichen Achterwasser
Dort wo sich auf Usedoms dem Meer abgewandten Seite die Peene mit der Ostsee zum Achterwasser ("achtern": niederdeutsch für hinten) vermischt, haben Meeresströmungen und eiszeitliche Gletscher eine ganz besondere Landschaft geschaffen, die den Besucher unwillkürlich in ihren Bann zieht. Das gilt auch für Flora und Fauna: Nur wenige Kilometer vom Trubel der großen Ostseebäder Zinnowitz, Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck entfernt ziehen Seeadler ihre Kreise, kündigen Warnschilder Otterwechsel an, trifft man auf Graureiher, Weißstörche und Kraniche. Im Hafen von Zempin ist längst winterliche Ruhe eingekehrt. Boote, Netze und Reusen sind eingeholt und das Informationsschild, das Touristen über die Geschichte der Fischerei am Achterwasser aufklärt, ist von Rauhreif überzogen. Von hier führt ein Deichweg entlang noch intakter Schilfgürtel nach Lüttenort, benannt nach dem Segelboot "Lütten" von Otto Niemeyer-Holstein (1896-1984). Der berühmte Maler und Bildhauer ließ sich 1932 hier nieder. Sein Garten, Atelier und Wohnhaus sind Besuchern auch im Winter geöffnet (mittwochs, donnerstags, sonnabends und sonntags von 10 bis 16 Uhr). Die Grenzwelt von Land und Meer, von Ostsee und Achterwasser findet sich in vielen seiner Werke auf beeindruckende Weise wieder. Diese Grenzwelt war immer umkämpft, denn Lüttenort liegt an der schmalsten Stelle Usedoms. Nur 300 Meter trennen hier das Achterwasser vom Meer. Oft genug kam es deshalb nach Sturmfluten zu Durchbrüchen. Die letzte große Gefahr für die Insel ging allerdings von Menschenhand aus. Noch kurz vor Kriegsende 1945 plante die Wehrmacht genau an dieser Stelle eine Sprengung der Insel in zwei Hälften, um den Norden mit Peenemünde besser gegen die vorrückende Rote Armee zu verteidigen. Dazu ist es glücklicherweise nicht mehr gekommen. Ein paar Schritte sind es noch vom Haus über die Bundesstraße und den Deich, dahinter öffnet sich der Dünengürtel und gibt den Blick auf die Ostsee frei.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
Kommentare