Kinderschutz in der Krise
Überlastete Mitarbeiter, unbesetzte Stellen – im Jugendamt fehlen Sozialarbeiter

von Dirk Jericho

Die für den Kinderschutz zuständigen Regionalen Sozialen Dienste (RSD) sind überlastet. Es fehlt an Personal. Ein Sozialarbeiter muss sich durchschnittlich um 81 Fälle kümmern.

Bereits 2013 hatten Jugendamtsmitarbeiter in Gesundbrunnen weiße Fahnen aus ihren Bürofenstern gehängt, um auf Personalmangel und Überforderung aufmerksam zu machen. Und auch jetzt beklagen Jugendamtsmitarbeiter aus Tempelhof-Schöneberg in einem Brandbrief, dass sich „an der desolaten Personalsituation nichts Wesentliches verändert“ habe. Auch die Lage in den vier Regionalen Diensten des Jugendamtes (RSD) im Bezirk bleibt angespannt. Wie aus einer Antwort von Jugendstaatssekretärin Sigrid Klebba auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz hervorgeht, waren im Bezirk Mitte im März von 88 finanzierten Stellen nur 79 besetzt. Mitarbeiter sind langzeiterkrankt und es fehlen neue, die den schwierigen Job machen wollen.

In allen zwölf Bezirken müssten 889 Stellen besetzt sein sein, doch zum Stichtag 1. März fehlten 142. Dass die Situation nicht wirklich besser wird, zeigt der Vergleich zum Januar 2017. Damals waren von den 88 Planstellen 76 besetzt - 14 Monate später sind es 79. Es ist schwierig, neue Sozialarbeiter zu finden. Der Job gilt wegen der Überlastung und nicht angemessener Bezahlung als wenig attraktiv. Um mit den Familien zu arbeiten, brauchen die Sozialarbeiter Zeit. Doch das Jugendamt musste schon öfter Büros schließen, um Aktenberge aufzuarbeiten. In diesen Schließzeiten können die Sozialarbeiter nicht zu Gerichtsverfahren oder Schulhilfekonferenzen gehen.

Die Fallquote ist im Jugendamt Mitte besonders hoch. Durchschnittlich betreut ein Sozialarbeiter hier 81 Fälle. Nur in Treptow-Köpenick liegt die Belastung mit 83 Fällen pro RSD-Mitarbeiter noch höher. Berlinweit sind es durchschnittlich 69 Fälle.

Die niedrigste Fallquote hat das Jugendamt Charlottenburg-Wilmersdorf mit 52 Fällen pro Sozialarbeiter. Als angemessen gelten laut einer bundesweiten Studie der Universität Koblenz 35. Die Kinderschutzfälle steigen an, auch, weil seit Jahren Flüchtlingsfamilien zusätzlich betreut werden müssen. 2016 wurden in Berlin 696  Kinder und Jugendliche vom Jugendamt in Obhut genommen.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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