Naturpark ohne großen Nutzwert
Park am Nordbahnhof wird zehn Jahre nach Eröffnung zu Ende gebaut

Der Park am Nordbahnhof ist bewusst naturbelassen. Die Grünflächen wird jetzt überarbeitet. | Foto: Dirk Jericho
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Die vor zehn Jahren im ehemaligen Grenzstreifen entlang der Gartenstraße als Park am Nordbahnhof eröffnete Grünanlage wird jetzt nach dem damaligen Sieger-entwurf fertig gebaut. Was die Anwohner wollen, interessiert dabei nicht.

Fast drei Jahrzehnte patrouillierten DDR-Grenzer mit Kalaschnikows auf dem breiten Todesstreifen entlang der Gartenstraße. Außer dem Rumpeln der S-Bahn störte nichts den Wachdienst. Heute ist auf dem 5,5 Hektar große Areal zwischen Nordbahnhof, der noch vorhandenen 400 Meter langen Hinterlandmauer, Gartenstraße und dem Kreisverkehr im Norden auch nicht viel los. Jogger drehen auf dem originalen Postenweg und neu gegossenen Betonwegen ihre Runden, Hundebesitzer gehen Gassi.

Der Nordbahnhofpark wurde vor 25 Jahren geplant und vor zehn Jahren eröffnet. Das Architektenbüro Fugmann+Janotta hatte 1995 den Gestaltungswettbewerb gewonnen. 2011 gab es für die naturnahe Gestaltung „unter dem kompositorischen Leitbild der großen Wiese am Nordbahnhof”, so die Projektbeschreibung, den Deutschen Landschaftsarchitektur-Preis. Eine riesige verwilderte Ökowiese, eine paar zusätzliche Wege und die freigelegten alten Gleise des einstigen Stettiner Bahnhofs als Gestaltungselement; dazu zwei sogenannte Aktivitätsinseln mit runden Steinskulpturen, von den Architekten Bubbles genannt, eine Minimetallrutsche und ein Trampolin – das war's. Im gesamten Park stehen drei Minibänke aus Metall.

Anwohner nicht befragt

Die Anwohner wurden damals nicht gefragt, was sie sich wünschen. Und auch jetzt, wo das mittlere Trapez, wie Architekt Harald Fugmann die mit einem Metallgeländer eingezäunten Felder nennt, zu Ende gebaut wird, fragt niemand, was die Leute wollen.

Weil seinerzeit das Geld immer nur kleckerweise kam und der Senat irgendwann fertig werden wollte, wurde der Park nie komplett zu Ende gebaut. Jetzt hat der Bezirk Fugmann beauftragt, seinen Entwurf zu vervollkommnen. 360 000 Euro gibt es dafür aus dem Spielplatzsanierungsprogramm (KSSP). Der Auftrag ist raus, die dritte Aktivitätsinsel wird noch dieses Jahr gebaut. Was bekommen die Anwohner für soviel Geld? Das weiß keiner genau. Bei einem Parkrundgang mit dem Ausschuss für Umwelt, Natur, Verkehr und Grünflächen am 8. August mit der zuständigen Stadträtin Sabine Weißler (Grüne) sagte Mittes Grünflächenchef Jürgen Götte, dass dort ein Spielplatz entsteht, den auch kleine Kinder nutzen können. Harald Fugmann hingegen spricht von Bewegungsangeboten, von „vier bis fünf einfachen Metallelementen zum Dehnen oder Klimmziehen“. Bilder, Pläne, Zeichnungen? „Haben wir keine“, sagt Fugmann auf Anfrage. Und das, obwohl in den kommenden Wochen gebaut wird.

Ausgerechnet bei einem Spielplatz in dem Park, in dem Anwohner nie an den Planungen beteiligt wurden, hat der Bezirk auch auf die gesetzlich vorgeschriebene Kinder- und Jugendbeteiligung verzichtet. „Die KSSP-Gelder müssen dieses Jahr verbaut werden, deshalb haben wir ausnahmsweise auf die Kinder- und Jugendbeteiligung verzichtet“, sagt Jürgen Götte.

Nicht barrierefrei, nicht kinderfreundlich

Für die Sprecherin der Kiezinitiative Grüne Schleife, Nora Erdmann, ist das Vorgehen „ein Skandal“. „Wir wollen keine Trapezfläche mit sinnlosen schlichten Metallstangen, an denen man eventuell Klimmzüge machen kann. Metall gibt es in dem Park wirklich genug. Was wir brauchen, sind endlich Flächen, die einen echten Nutzen bringen wie eine Liegewiese, einen Mehrgenerationen-Fitnessparcours und einen Spielplatz, der den Namen auch verdient“, sagt die Anwohnerin. Sie fordert Mitsprache und Anwohnerbeteiligung, mehr Bänke und Sitzmöglichkeiten sowie ausreichend Mülleimer. „Der gesamte Park ist nicht barrierefrei und nicht kinderfreundlich“, ärgert sich Erdmann.

Stadträtin Sabine Weißler verweist bei allen Wünschen immer auf das Copyright der Architekten. Der Park ist urheberrechtlich geschützt, die Architekten müssen jeglichen Änderungen zustimmen. „Grundsätzlich ist alles möglich“, sagt hingegen Harald Fugmann. „Copyright heißt nicht, dass alles in Stein gemeißelt ist. Natürlich kann sich ein Park auch verändern, er ist nicht unter einer Käseglocke“, so Fugmann. Zusätzliche Bänke aufzustellen, hält er für unproblematisch. Ein auch von Parknutzern gewünschter Hundespielplatz bekäme allerdings nicht seinen Segen. Nora Erdmann will verhindern, „dass 360 000 Euro für eine Fläche ausgegeben werden, die am Ende nichts mit einem dringend benötigten Spielplatz zu tun hat“.

Und was meinen die Bezirksverordneten dazu? „Beim Rundgang wurde berichtet, dass ein drittes Feld mit einem Kinderspielplatz errichtet wird“, schreibt Sonja Kreitmair von der SPD auf die Frage, wie sie die Bürgerbeteiligung und Berücksichtigung der Anwohnerinteressen im Nordbahnhofpark bewertet. Sven Diedrich von den Linken, der beim Parkrundgang am 8. August auch dabei war, ist von der „Vorgehensweise irritiert“. Seine Fraktion will nun „mit den Architekten ausloten, was an Veränderungen im Interesse der Anwohner möglich ist“.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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