Verzögert Bezirk wichtigen Wohnungsneubau?
Immer neue Forderungen an Investor

Alles viel zu massig? Das Neubauprojekt von Digivest an der Ecke Turm- und Stromstraße kommt nicht so schnell voran, wie der Investor erhoffte. | Foto: Digivest, Unternehmensgruppe Leopold Stiefel / Steimle Architekten
  • Alles viel zu massig? Das Neubauprojekt von Digivest an der Ecke Turm- und Stromstraße kommt nicht so schnell voran, wie der Investor erhoffte.
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Neulich haben sich in Schöneberg 1700 Menschen für eine Zweizimmermietwohnung interessiert. Bei der Besichtigung gab der Hausverwalter Anweisungen per Megaphon. Der Fall macht deutlich, wie groß der Druck auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt ist. Neubau ist dringend erforderlich. Umso ärgerlicher, wenn eine Behörde ein Genehmigungsverfahren verzögert, wie es Felix Hemmer, FDP-Fraktionsvorsitzender in Mitte, dem Bezirksamt vorwirft.

Konkret geht es um das Bauvorhaben der Digivest GmbH, einer Firma der Unternehmerfamilie Leopold Stiefel aus Ingolstadt. Der Immobilieninvestor hatte im Sommer in einer öffentlichen Veranstaltung seine Pläne vorgestellt. Auf dem Areal auf der östlichen Seite der Turm- und Stromstraße soll ein bis zu neun Stockwerke hoher Wohn- und Geschäftshauskomplex mit Läden, Büros und 120 Wohnungen entstehen. Da das Grundstück im Sanierungsgebiet Turmstraße liegt, kommt die sogenannte kooperative Baulandentwicklung mit 30 Prozent Sozialwohnungsanteil nicht zur Anwendung. Digivest hat einen Anteil von 20 Prozent zugesagt.

Bei der Präsentation im August hatte Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) angekündigt, mit dem Investor über eine Heraufsetzung der Quote zu verhandeln. Dem Stadtrat habe die Anzahl geförderten Wohnraumes nicht gereicht, sagt Felix Hemmer. Gothe habe den Aufstellungsbeschluss verzögert, so der Liberale.

Der Aufstellungsbeschluss ist der erste von vielen Verfahrensschritten in einem Bebauungsplanverfahren. Felix Hemmer: „Der Aufstellungsbeschluss hätte längst erfolgen können. Das Hin und Her verteuert hinterher den Wohnraum. Der Investor hat damit gerechnet, dass nach ersten positiven Rückmeldungen des Amtes ein vorgelegter Entwurf zur Aufstellung kommen kann.“

Wohnraum fällt weg

Hemmer zählt weitere Hürden des Bezirksamts auf, die Digivest nehmen musste: Ein Wettbewerb wurde gefordert. Er wurde durchgeführt. Danach war dem Stadtplanungsamt das Gebäude an der Straßenecke zu hoch. „Und der erste Wohnraum fiel weg“, sagt FDP-Frontmann Hemmer. „Für uns als Investor wäre es aus zeitlicher Sicht jedoch gut gewesen, diese Entscheidung, keine Erhöhung, früher zu erhalten“, sagt Ralf Schmitt von Digivest. „Wir selbst hatten den Eindruck, nach der Vorstellung des Projektes im Frühjahr 2018 in der BVV, dass fraktionsübergreifend eine Erhöhung des Eckgebäudes durchaus Zustimmung gefunden hätte“, so Schmitt weiter.

FDP-Fraktionschef Hemmer zählt weiter auf: „Dann hieß es irgendwann, dass die Seitengebäude nicht wie geplant in voller Höhe erfolgen dürfen, sondern, weil es städtebaulich schöner sei, abgestuft werden müssen, womit der nächste geplante Wohnraum wegfiel. Wieder plante der Investor um.“ Warum fiel aufgrund der Ideen aus dem Amt immer nur Wohnraum und keine Büroetage weg, fragen sich die Liberalen.

In seiner Antwort auf eine mündliche Anfrage der FDP sagte Baustadtrat Ephraim Gothe: „Wir haben uns den sehr großzügigen Ideen des Investors an diesem Ort sehr stark geöffnet." Eine „exorbitante Ausnutzung des Grundstücks“ werde möglich, „auch mit viel Wohnen“, so Gothe. „Deshalb ist es völlig legitim, auch das Thema des preiswerten Wohnraums zu erörtern. Wir versuchen, möglichst viel sozialverträglichen Wohnraum herauszuholen“, äußerte der Stadtrat, verbunden mit der Aufforderung an die FDP: „Sie sollten uns dabei unterstützen, einen möglichst hohen Anteil an preiswerten Wohnungsbaus an dieser Stelle zu realisieren.“

Sonne versus Neubau

Warum der hohe Eckturm im Entwurf nicht gefiel, erläuterte der Dezernent so: Er befände sich genau an der südöstlichen Ecke des Projekts und verschattete das Blockinnere, wo der Großteil der Wohnungen geplant sei. Der FDP-Verordnete Bastian Roet hielt entgegen: „Ich finde es schade, dass die Besonnung von Wohnungen wichtiger ist, als die Schaffung von neuem Wohnraum.“

Der Aufstellungsbeschluss wurde am 29. Oktober gefasst. Grundlage ist der inzwischen überarbeitete Siegerentwurf des Stuttgarter Büros Steimle aus dem Architekturwettbewerb. „Dies ist zunächst einmal positiv“, bewertet Ralf Schmitt von Digivest. „Bis nun der vorhabenbezogene Bebauungsplan erstellt und der städtebauliche Vertrag unterschrieben ist, vergehen bestimmt noch anderthalb bis zwei Jahre“, schätzt Investorenvertreter. Mit dem Bau würde daher erst 2022 begonnen. Die Fertigstellung wäre 2024. „Hier wäre uns an einer Beschleunigung sehr gelegen“, sagt Schmitt.

Digivest geht von einer erheblichen Kostensteigerung aus, da sich die Baukosten derzeit stark nach oben orientieren. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes steigen die Baukosten jedes Jahr um mindestens sechs Prozent. Ralf Schmitt schätzt die „Dunkelziffer jedoch wesentlich höher“ ein. „Das komplette öffentliche Baurecht sollte reformiert werden, damit solche Verfahren einfach schneller zum endgültigen Bebauungsplan führen“, sagt Schmitt abschließend.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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