Nazigegner trafen sich im früheren Moabiter Krankenhaus

Georg Groscurth | Foto: Yad Vashem
2Bilder

Moabit. Vor 70 Jahren ist Georg Groscurth als Widerstandskämpfer im Zuchthaus Brandenburg mit dem Fallbeil hingerichtet worden. Der Mediziner hatte das Moabiter Robert-Koch-Krankenhaus gemeinsam mit anderen Nazi-Gegnern zu einem geheimen Ort des Widerstandes gemacht.

Der 1904 geborene Sohn eines Großbauern nahe dem hessischen Bad Hersfeld erhielt 1934 eine Assistenzarztstelle am Krankenhaus Moabit. Dort wurde er Oberarzt und schließlich Dozent für Innere Medizin. Die Nationalsozialisten hatten die jüdischen Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern im Moabiter Krankenhaus verhaftet. Seit seiner Studienzeit ist Groscurth Pazifist, Sozialist und ein entschiedener Gegner der Antisemiten.

Bevor er die Stelle im Moabiter Krankenhaus erhielt, arbeitete er am Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie (heute Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft). Dort schloss er Freundschaft mit dem Chemiedoktoranden Robert Havemann, einem Mitglied der KPD und der konspirativ arbeitenden Gruppe "Neu Beginnen".

In Moabit hatte Georg Groscurth prominente Patienten. Dazu gehörten unter anderem die Brüder Alfred und Rudolf Heß, letzterer der "Stellvertreter des Führers". Was dieser im Sprechzimmer ausplauderte, gab Großcurth an Widerstandsgruppen weiter, bis Heß ohne Wiederkehr nach England flog. Im Dachgeschoss des Ostpavillons auf dem Krankenhausgelände trafen sich die Mitglieder von "Kunzes Kaffeesalon": Groscurth, Havemann, weitere Ärzte, Assistentinnen und Schwestern. Sie halfen Verfolgten, in der Illegalität zu überleben, und knüpften Kontakte zu Widerstandsgruppen in Berliner Zwangsarbeiterlagern.

Unter dem Eindruck von Mussolinis Sturz und der Invasion der Alliierten in Italien hoffte die Gruppe auf ein baldiges Ende des Krieges. Im Juli 1943 gab sie sich eine organisatorische Form und nannte sich "Europäische Union". Sie existierte nur anderthalb Monate. Die Gestapo entdeckte sie. Im September 1943 wurden Georg Groscurth, Robert Havemann und weitere Führungsmitglieder verhaftet und vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler zum Tode verurteilt. Alle bis auf Havemann wurden hingerichtet. Havemann erhielt immer wieder Hinrichtungsaufschub wegen eines Kampfgasforschungsauftrags und konnte so überleben.

Am Gebäude in der Turmstraße 21 erinnert eine Gedenktafel an Georg Groscurth, in Haus M, Eingang K, eine Gedenktafel an die deportierten jüdischen Ärzte. Auf dem Gelände des früheren Moabiter Krankenhauses befindet sich heute das Gesundheits- und Sozialzentrum Moabit (GSZM).

Karen Noetzel / KEN
Georg Groscurth | Foto: Yad Vashem
Eine Gedenktafel in der Turmstraße 21 erinnert an den Arzt und Widerstandskämpfer Georg Groscurth. | Foto: KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 779× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 785× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 475× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 945× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.862× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.