Tagesstätte für Wohnungslose hat nach 38 Jahren dicht gemacht
"Warmer Otto" schließt mitten in der Kältesaison

Die Wohnungslosentagesstätte „Warmer Otto“ ist nach 38 Jahren geschlossen worden. Bei Betroffenen und der AG Berliner Wohnungslosentagesstätten sorgt das für Empörung. Denn es gibt bislang keinen Alternativstandort.

Der „Warme Otto“ an der Wittstocker Straße galt als ein sicherer Ort für bedürftige Menschen. Dort konnten sie sich ausruhen und austauschen, fanden Hilfe und Beratung. 38 Jahre lang. Selbst in den Hochzeiten der Pandemie hielt die Berliner Stadtmission ihre Tagesstätte offen. Doch nun ist Schluss damit. Die Anlaufstelle hat ihre Türen geschlossen.
Die Stadtmission begründet das damit, dass „die bisherigen Räumlichkeiten den gewachsenen fachlichen und rechtlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden und keine zukunftsfähige Basis mehr darstellen“. Die „Klienten“ aus der Moabiter Tagesstätte würden nun von den Sozialarbeitern in alternative Hilfe-Einrichtungen der Stadtmission und anderer Träger weitervermittelt, informiert Karen Holzinger, Fachbereichsleiterin Wohnungslosenhilfe bei der Stadtmission. „Gemeinsam mit dem Bezirk Mitte werden wir nach einem neuen Standort suchen, um einen möglichst zeitnahen Neustart des 'Warmen Otto' an einem geeigneten Ort zu ermöglichen“. Im Gespräch ist der Alexanderplatz.
Die Betroffenen sind fassungslos. „Wir sind verzweifelt und wütend wegen der Schließung“, teilt Kai Oeynhausen im Namen aller Besucher des „Warmen Otto“ mit. Tatsächlich seien die Räume dort nicht super optimal. „Sie befinden sich aber seit vielen Jahren mehr oder weniger im gleichen Zustand und nicht erst seit Tagen oder Wochen. Das Argument für die Schließung ist an den Haaren herbei gezogen.“ Kein Verständnis haben die Betroffenen dafür, dass die Tagesstätte geschlossen wurde, obwohl ein „neuer Laden“ erst noch gefunden werden muss. „Das wird wenigstens Monate dauern. Auch wollen die meisten von uns nicht zum Alex umziehen. Dieser ist zu weit weg und ein aggressiver Brennpunkt.“ Verärgert sind die Nutzer des „Warmen Otto“ auch, weil sie nach eigenen Angaben erst wenige Tage vor der Schließung vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. „Die Stadtmission macht ständig Werbung mit uns Wohnungslosen und nimmt jährlich damit hunderttausende Spenden ein“, sagt Oeynhausen. „Letztendlich scheinen aber die Wohnungslosen die Berliner Stadtmission nicht zu interessieren.“
Scharfe Kritik an der Entscheidung kommt auch von der AG Berliner Wohnungslosentagesstätten. „Gerade in der kalten Jahreszeit ist dies kaum nachzuvollziehen. Der 'Warme Otto' ist wie alle Wohnungslosentagesstätten nicht nur eine wichtige Ergänzung zur nächtlichen Kältehilfe, sondern stellt die ganzjährige Versorgung von wohnungs- und obdachlosen Menschen in Berlin sicher.“ Hinzu komme, dass die Wohnungslosentagesstätten in Berlin schon jetzt an ihren Auslastungsgrenzen seien. Die Schließung des „Warmen Otto“ werde die Situation extrem verschärfen. In der AG Berliner Wohnungslosentagesstätten sind insgesamt sechs Tagesstätten und Treffpunkte vertreten, darunter „Evas Haltestelle“ in Mitte und das Awo Kiez-Café in Friedrichshain-Kreuzberg.
Das Bezirksamt Mitte will den Vorgang zum Anlass nehmen, sowohl in Moabit als auch rund um den Alexanderplatz eine Bedarfsanalyse zu starten. Um dort mögliche Alternativangebote zu prüfen. „Ich gehe davon aus, dass bis zum Abschluss der Analyse und Planungen die Versorgung der Betroffen sichergestellt ist“, sagt Sozialstadtrat Carsten Spallek (CDU). Etwa über andere Einrichtungen der Stadtmission und weiterer Träger. Die SPD-Fraktion in der BVV hat das Bezirksamt derweil aufgefordert, die Stadtmission bei der Suche nach neuen Räumen „tatkräftig zu unterstützen“.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 104× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 544× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 505× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 458× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 482× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.