Einfach vorbeikommen!
Der evangelische Kirchenkreis will die Genezarethkirche zu einem lebendigen Treffpunkt machen
Das Innere der Genezarethkirche auf dem Herrfurthplatz hat sich von Grund auf gewandelt. Das Zentrum bildet nun ein großer runder Teppich mit bunten Kissen. Es ist hell und farbenfroh. „Startbahn“ nennt sich das Projekt, das die Kirche für den Kiez öffnen will.
Die Emporen sind in kräftigen Farben gestrichen, es gibt Liegestühle, in einem Nebenraum sind Tafeln und Schreibtafeln für Arbeitsgruppen angebracht und das riesige Stahl-Glas-Kunstwerk von HAP Grieshaber namens „Der brennende Dornbusch“ leuchtet wieder. „Ich habe eine Hebebühne organisiert, damit das Glas geputzt werden konnte“, so Pfarrerin Jasmin El-Manhy, die die Umgestaltung seit Anfang des Jahres organisiert. Wer sich das Ganze ansehen möchte, kann einfach werktags zwischen 10 und 15 Uhr vorbeikommen, dann steht das Portal offen. Auch wer vom einsamen Homeoffice die Nase voll hat, ist gern gesehen. „Wir haben hier freies W-LAN, einfach Laptop und Kaffee mitbringen und hier arbeiten“, sagt El-Manhy.
Natürlich soll die Kirche auch weiterhin ein Ort für innere Einkehr sein, aber es geht in Richtung Meditation statt Kanzelpredigt. Mit dabei sind unterschiedliche Akteure, zum Beispiel „Spirit & Soul“: Die Neuköllner Pfarrerinnen Lioba Diez und Anja Siebert-Bright bieten unter anderem Gesprächsabende zu existentiellen Fragen und politische Gebete an. Am Volkstrauertag im November wird es um sexuelle Gewalt in der Kirche gehen. Das Künstlerinnenduo „pio_near“ mischt ebenfalls mit und stellt die Kirche Kulturschaffenden als temporäre Künstlerresidenz und Probemöglichkeit zur Verfügung. Auch für andere Gruppen ist es möglich, den Hauptraum oder das angegliederte Studio zu mieten. „Unser Ziel ist es, dass kommerzielle Nutzer zahlen, nichtkommerzielle nicht“, so Jasmin El-Manhy. Wer es gar nicht mag, auf Sitzkissen zu sitzen, muss aber nicht auf den besonderen Veranstaltungsort verzichten: 150 Stühle können auf Wunsch bereitgestellt werden.
„So offen wie möglich“
Das Motto der Startbahn lautet „Hier heben Projekte ab – hier landen Ideen“. „Wir wollen so offen wie möglich sein und einen Ort schaffen, wo man immer Menschen trifft“, sagt die Pfarrerin. Fester Bestandteil des Projekts sei aber auf jeden Fall das Segensbüro, das sich direkt neben dem Eingang zur Kirche befindet und ebenfalls werktags von 10 bis 15 Uhr geöffnet ist. Es versteht sich in erster Linie als Vermittlungsagentur. „Wir beraten bei Taufe, Hochzeit und Beerdigungen und stellen den Kontakt zum zuständigen Pfarrer her. Manche kennen nämlich ihre zuständige Gemeinde nicht. Es kommt sogar vor, dass jemand nicht weiß, ob er evangelisch oder katholisch ist.“ Klappt es bei der Heimatgemeinde nicht, dann können El-Manhy und ihre Kollegin auf ein Pfarrer-Team zurückgreifen. „Und wenn dort keiner kann, segnen wir selbst.“
Nicht nur für Zweibeiner
Der Segen ist aber nicht an Taufe, Heirat oder Bestattung geknüpft. Auch bei anderen Übergängen und Festen wünschten sich einige Menschen Stärkung und Unterstützung, sagt die Pfarrerin: Schulanfang, Scheidung, geplantes Outing, Menopause, Geschlechtsangleichung, die erste große Liebe und, und, und. Das Ganze muss sich nicht einmal auf Zweibeiner beschränken. Am Montag, 4. Oktober, um 18 Uhr findet eine Segnung für Hunde und deren Besitzer statt. Auch dabei gilt: Einfach vorbeikommen!
Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.segensbuero-berlin.de, ¿62 98 35 38 und über den E-Mail-Kontakt mail@segensbuero-berlin.de.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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