Eine Spezialistin für Neukölln
Neukölln. Ein prächtiges Mosaik ziert die gewölbte Decke, der Raum ist bunt, warm und lädt zum Stöbern ein: Seit einem knappen Jahr betreibt Tanja Dickert im Erdgeschoss des Rathauses an der Karl-Marx-Straße 83 das „Neukölln Info Center“, kurz NIC.
Das Ganze ist eine Mischung aus Touristeninformation und Souvenirladen. Es gibt jede Menge Produkte aus Neukölln: Bier vom Rollberg, Marzipan aus der Köllnischen Heide, Honig aus Rixdorf, Neuköllnkarten, -buttons, -tassen, -bücher, -stoffbeutel. -aufkleber und T-Shirts. Tanja Dickert selbst trägt ein Hemd mit einem Marienkäfer und dem Slogan „Neukölln macht glücklich“. „Das soll mich immer daran erinnern, nett zu sein, auch wenn ich unterwegs bin und es mal wieder eng im Bus wird“, sagt sie. Apropos Bus: Auch die Vinyl-Scheibe der Band „Die wartenden Fahrgäste“, die fröhlich das Elend mit dem M 41 besingt, ist zu haben. Bedauerlicherweise ausverkauft dagegen ist der Splatter-Horrorfilm „Der Teufel von Rudow“.
Wer nun glaubt, das NIC werde hauptsächlich von jungen Menschen frequentiert, der irrt. „Rund 75 Besucher kommen am Tag vorbei, viele sind älter“, so Dickert. Denn hier gibt es auch Programme der bezirklichen Einrichtungen, Stadtteilzeitungen, Listen mit Anlaufstellen, Hotels, Restaurants, und, und, und. Auf die – ohne jeden Hintergedanken – gestellte Frage, was denn das häufigste Anliegen der Besucher ist, antwortet Tanja Dickert wie aus der Pistole geschossen: „Die Berliner Woche“.
Die studierte Publizistin ist nicht nur ausnehmend freundlich, sondern sie kennt auch Hinz und Kunz im Bezirk. Das hat seinen Grund, denn seit vielen Jahren ist sie in der Kulturszene unterwegs. Sie war beispielsweise dabei, als das Kulturfestival „48 Stunden Neukölln“ aus der Taufe gehoben wurde. Und selbst der Name des alljährlichen Strohballen-Rollens auf dem Richardplatz („Popraci“, tschechisch für „Feierabend“) stammt von ihr. „Selbstverständlich haben wir Kontakt zu allen Leuchttürmen wie dem Estrel und der Neuköllner Oper, aber wir kennen auch all die kleinen Projekte.“
Bevor sie mit ihren drei Mitarbeitern ins Rathaus gezogen ist, betrieb sie übrigens am Hertzbergplatz eine Touristeninformation. „Doch die Miete stieg, und ich habe es auch lieber sicherer, als mich auf dem freien Markt durchzuschlagen.“ Mit dem Bezirksamt hat sie sich auf eine symbolische Miete geeinigt, gerade wurde der Vertrag um zwei Jahre verlängert.
Und der heutige Standort bietet weitere Vorteile: „Da kommt zum Beispiel einfach mal der Leiter der Volkshochschule vorbei, um Guten Tag zu sagen. Hier habe ich in drei Monaten so viele Kontakte aufgebaut wie am Hertzbergplatz in drei Jahren.“ Im Gegenzug will sie anderen dabei helfen, sich zu vernetzen. Da könnte beispielsweise das nagelneue T-Shirt helfen, auf dem die Aufschrift „Neukölln Universität“ prangt. Mit dem Kauf erwirbt der Kunde eine Immatrikulationskarte, mit der er sich im Internet anmelden kann. „Einmal im Jahr findet dann eine Erstsemesterparty statt, bei der sich die Leute kennenlernen können“, so Dickert.
Leben kann sie von dieser Arbeit nicht, es werden gerade einmal die Unkosten gedeckt. Das kümmert sie aber wenig. „Wir sind Pioniere auf diesem Gebiet, und wir sind guten Mutes“, sagt sie. Nichtsdestoweniger würde sie gerne die Besucherzahlen verdoppeln; vor allem im Süden Neuköllns müsse sich das Angebot noch herumsprechen. Bei manchem ist die Botschaft aber bereits angekommen – so wie bei Milchbauer Mendler aus Rudow. Der suchte kürzlich via Facebook einen Namen für sein neugeborenes Kamerun-Lämmchen. Tanja Dickert schickte einen Vorschlag. Jetzt heißt der Kleine „Nic“. sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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