UNSER AUSFLUGSTIPP
Im Niemandsland: Auf historischer Spurensuche am Bogensee im brandenburgischen Barnim

Das einstige Zentralgebäude der FDJ-Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" am Bogensee. | Foto:  Michael Vogt
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  • Das einstige Zentralgebäude der FDJ-Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" am Bogensee.
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Das Bild wirkt wie ein Symbol aus drei Zeitepochen: Vor der einstigen Villa des Propagandaministers Joseph Goebbels, unweit seines Blockhauses, das dieser nachweislich auch als Liebesnest nutzte, steht die Skulptur eines Liebespaars aus sozialistischer Zeit. Deren abgeschlagene Köpfe zeugen vom Vandalismus der Gegenwart und vom Wandel des Ortes zu einem „Lost Place“.

Hier, mitten in der Idylle am Bogensee nordöstlich von Wandlitz, treffen die steinernen Zeugen des Nationalsozialismus auf die Architektur der untergegangenen DDR, wird der Spaziergang zu einer spannenden Entdeckungstour durch ein Freilichtmuseum deutscher Geschichte. Es begann 1936 mit jenem Blockhaus am Ufer des Bogensees, das sich Goebbels von der Stadt Berlin auf Lebenszeit schenken ließ (nach einem Brand wurde es 2019 abgerissen). Es folgte 1939 der Bau eines großen Landhauses mit Nebengebäuden und später auch einer Bunkeranlage. In der Villa empfing Goebbels UFA-Stars wie Heinz Rühmann, Zarah Leander und Emil Jannings, schrieb seine Sportpalastrede vom „totalen Krieg“. Als dieser endete, wurde der Bau als russisches Lazarett genutzt, ab 1946 zog auf Wunsch Erich Honeckers die Zentralschule der FDJ ein. 1950 wurde der „Waldhof am Bogensee“ schließlich in FDJ-Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ umbenannt. Auf Weisung Ulbrichts errichtete der Architekt der Stalinallee Hermann Henselmann in direkter Nachbarschaft einen gewaltigen Erweiterungskomplex in Plattenbauweise, der zur Nachwuchsschmiede der SED und zum Treffpunkt sozialistischer Kader aus der ganzen Welt wurde. Dean Reed und Daniel Ortega waren prominente Gäste, Bundeskanzler Helmut Schmidt gab hier während seines DDR-Besuchs 1981 eine Pressekonferenz im Zentralgebäude – das ganz im Sinne der DDR-Führung in der Waldeinsamkeit bestens gegen unliebsame Besucher abgeschottet werden konnte.

Nach dem Mauerfall wurde das Gelände zeitweise von der Deutschen Bank genutzt, in einem Gebäudetrakt des Landhauses ist bis heute eine Waldschule untergebracht. Seit 1999 stehen die denkmalgeschützten Bauten leer, Nutzungskonzepte bleiben Mangelware. Und der Besucher trifft auf ein aus der Zeit gefallenes Stück Niemandsland, das sich die Natur langsam zurückholt.

Anfahrt: Mit dem Pkw geht es über die B109 nach Wandlitz. Am nördlichen Ortsausgang rechts in Richtung Lanke/Biesenthal abbiegen und der Straße bis zum ausgeschilderten Abzweig Bogensee folgen. Der Weg empfiehlt sich auch für Radfahrer, die am besten ab S-Bahnhof Karow mit der stündlich verkehrenden Heidekrautbahn zum Bahnhof Wandlitzsee fahren und dort die Radtour starten.

Weitere Informationen zum Thema unter www.bogensee-geschichte.de.

Autor:

Michael Vogt aus Prenzlauer Berg

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