Im Weihnachtsurwald sind alle ohne Axt willkommen
Andreas Frädrich vermietet nachhaltige Nordmanntannen

Ein gutes Gewissen muss nicht teuer sein: Andreas Frädrich vermietet und verkauft seine Topftannen für wenig Geld.  | Foto: Ulrike Kiefert
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  • Ein gutes Gewissen muss nicht teuer sein: Andreas Frädrich vermietet und verkauft seine Topftannen für wenig Geld.
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Glänzend geschmückt wärmt der Weihnachtsbaum die Herzen und Wohnzimmer zahlreicher Familien. Bis er nach dem Fest auf dem Müll landet. Doch das muss nicht sein. Landschaftsgärtner Andreas Frädrich hat eine Alternative parat. Er vermietet seine Bäume.

Hunderte Nordmanntannen warten auf der Grünen Brücke am S-Bahnhof Greifswalder Straße auf ihren festlichen Einsatz. Die Axt haben sie dafür nicht spüren müssen. Denn Andreas Frädrichs Bäume stecken samt Wurzeln in einem Topf. Lebendig und nicht tot werden sie die Festtage verbringen, um danach wieder eingepflanzt zu werden. Eine schöne Idee, aber nicht jeder Großstädter hat einen Garten. „Genau, darum kann man seinen Weihnachtsbaum bei uns auch mieten“, erklärt Frädrich. „Für zehn Euro das Stück.“

Das kommt bei vielen gut an. Draußen vor dem Tor zur Weihnachtsbaum-Mietstation auf der Grünen Brücke stehen sie Schlange. Paare, junge Leute, Familien mit Kindern. Es ist erst Mittag, doch Frädrichs Topftannen sind nach zwei Stunden schon fast alle ausgemietet. „Kommen Sie doch morgen wieder, dann haben wir alles neu bestückt“, rät Frädrich einem suchenden Vater. Damit der nicht umsonst auf die Brücke gestiefelt ist, drückt er ihm einen Gutschein über fünf Euro in die Hand. Isabell, Ruben und Jessie, die extra aus Kreuzberg und Neukölln angereist sind, hatten mehr Glück. Stolz zeigen sie ihre drei Tannen her. „Weihnachtsbäume zu mieten, ist eine tolle Idee“, sagt Isabell. „Die Bäume dürfen weiterleben und landen nicht auf dem Müll.“ Von Andreas Frädrich bekommen die Drei noch ein paar Pflegetipps mit auf den Weg. „Die Tannen bis Heiligabend erstmal kühl stellen, damit sie sich langsam an die wärmeren Temperaturen gewöhnen. Und regelmäßiges Gießen nicht vergessen.“

Frevelhafter Umgang mit der Natur

Den sogenannten Weihnachtsurwald hat Urban-Gardener und Landschaftsgärtner Andreas Frädrich vor zwei Jahren initiiert. Für weniger Müll und mehr Wald und Natur. „Der Name Weihnachtsurwald ist eine Art Weihnachtsgeschichte, eine Parabel, wie frevelhaft wir mit der Natur umgehen“, sagt Frädrich. „Es ist überhaupt nicht nachhaltig, Weihnachtsbäume für zwei oder drei Wochen abzuholzen.“ Besser sei es, auch für die CO₂-Bilanz, wenn man so viele Bäume wie möglich pflanzt. „Am besten im Mischwald.“ Sein Urban Farming Projekt dient darum der Wiederbewaldung auf dem Land. Und das funktioniert so: Andreas Frädrich holt seine Nordmanntannen aus Baumschulen, er selbst betreibt eine auf Sylt. Kommen die vermieteten Bäume unbeschadet zurück, werden sie im Frühjahr für ein bundesweites oder international nachhaltiges Aufforstungsprojekt wieder ausgepflanzt. „Damit keine Monokulturen wachsen.“ Denn die begünstigen Schädlinge und machen die Wälder anfälliger. Vor allem Berlin-Brandenburg sei von Klimawandel und Trockenheit stark betroffen, sagt Frädrich.

Auf der Green Station in Prenzlauer Berg, die Teil des Weihnachtsurwaldes ist, sind noch bis Heiligabend alle ohne „Axt im Wald“ willkommen, aber diesmal nur mit Maske. Und es ist die einzige Location in diesem Jahr, alle anderen hat Andreas Frädrich abgesagt.

Nicht nur optimal gewachsene Tannen

Die wiedereinpflanzbare Tanne in Baumschulqualität kann man natürlich auch kaufen. Das gute Gewissen ist nicht teuer. „Der Baum kostet genauso viel wie bei den Billiganbietern im Pseudo-Topf“, sagt Frädrich. So ist der kleinere „Stadt-Land-Baum“ bei ihm für 20 Euro zu haben. Die 1,80 große Nordmanntanne gibt’s für 30 Euro und den zwei Meter hohen „Alten Fritz“ für 40 Euro. Die Bäume sind so günstig, weil sich im Weihnachtsurwald nicht nur optimal gewachsene Nordmanntannen finden. Manche sind krumm und schief. „Aber dafür umso lustiger“, sagt Frädrich. Außerdem hat er wieder Berliner Weihnachtsbonsais im Angebot. Die sind von besonderer Farbe und handlich für die Öffis. Ausgepflanzt in Parks können sie bis zu 60 Meter hoch wachsen.

Nach Weihnachten nehmen Frädrich und seine Frau Isabel die gemieteten Bäume ab dem 8. Januar wie Pfandflaschen wieder zurück. Es gibt eine Rückerstattung, wenn die Tanne intakt ist. Wer eine kauft, bekommt einen Weihnachtsbaumratgeber und eine Pflanzanleitung mit sechsmonatiger Anwachsgarantie.

Die Weihnachtsbaum-Vermietstation auf der Grünen Brücke ist bis zum 24. Dezember immer freitags von 15 bis 21 Uhr, sonnabends von 10 bis 18 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Vom 21. bis 24. Dezember gibt’s außerdem Last-Minute-Tage und zwar täglich von 12 bis 16 Uhr. Mehr Informationen gibt es online unter www.weihnachtsurwald.de.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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