Kiezkultur ins frühere Straßenbahndepot
Stuttgarter Architekturstudenten entwickeln interessante Ideen zur Nutzung
Bereits zu Beginn der 80er-Jahre meldeten Künstler ihr Interesse an, das ehemalige Straßenbahndepot in der Belziger Straße zu einem Ort für Ateliers, Wohnungen und kulturelle Veranstaltungen umzubauen. Zuletzt haben sich Architekturstudenten aus Stuttgart mit diesem Thema beschäftigt.
Die Chancen für eine solche neue Nutzung stehen gut. Noch wird es als Fahrzeughalle der Berliner Polizei und Fuhrpark des Senats genutzt. Doch nicht mehr lange, so die Senatspläne. Die dreischiffige denkmalgeschützte Halle, die von der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) verwaltet wird, soll für Wohnen, Soziales und Kultur umgestaltet werden. Ähnliches hat 2016 die rot-grüne Zählgemeinschaft im Bezirk vereinbart. Im Herbst 2017 führte das Bezirksamt öffentliche Gespräche mit Anwohnern über die Umbaupläne.
Die 2012 gegründete Schöneberger Künstlerinitiative „Depot Berlin“ will das Gelände „mitbespielen“ und gestalten. Das Tramdepot ist quasi das Programm der Kunstschaffenden aus Malerei, Performance, Bildhauerei, Medien, Literatur, Theorie, Musik, Theater, Film und Photographie. Ihr Ziel für das von Gentrifizierung bedrohte künstlerische Schöneberg: Es wird zum finanziell tragbaren Wohn- und Arbeitsraum für Künstler und zugleich ein Zentrum für Workshops und weitere Veranstaltungen für und mit Schönebergern.
Auf Initiative der Depot-Berlin-Künstler haben sich nun ein weiteres Mal Architekturstudenten mit dem Straßenbahndepot an der Belziger Straße beschäftigt. Die elf Teilnehmer des Masterstudiengangs Architektur der Hochschule für Technik in Stuttgart arbeiteten im Sommersemester 2018 an dem Schöneberger Entwurfsprojekt.
Anschauungsmaterial aus der schwäbischen Landeshauptstadt konnten die Masterstudenten schon mitbringen. Denn das einstige Depot der Stuttgarter Straßenbahnen im Osten der Stadt ist für die Musikschule, eine Kita und ein Jugendhaus umgebaut worden.
Für ihre Recherchen hielten sich die Stuttgarter Studenten fünf Tage in Schöneberg auf. Sie untersuchten umliegende Gebäude, Straßen, Plätze. Die Theodor-Heuss-Bibliothek und das Schöneberg Museum stellten dabei wesentliche Bezugspunkte dar. Die Studenten befragten auch Nachbarn und Künstler, um festzustellen, dass die „kiezspezifische, unaufgeregt-angenehme und offene Lebensqualität“ in Schöneberg aufgrund „der rabiaten Aufmischung des Wohnungsmarkts“ in Schieflage zu geraten drohe. Insbesondere Kunstschaffende seien von dieser Entwicklung betroffen.
Ihr Gegenmittel: ein bunter Strauß kultureller und sozialer Angebote; eine große Werk- und Veranstaltungshalle für Ausstellungen, Performances, Theateraufführungen, Lesungen, Konzerte und Filmvorführungen. Darüber hinaus soll das Depot Platz bieten für einen Nachbarschaftstreff, eine „Erfinderwerkstatt“, ein Medienlabor für Jugendliche, ein Café, ein „Repair- und Upcycling-Club“, eine Verteilerstation für Öko-Lebensmittel direkt vom Erzeuger, ein Ausstellungsraum über die Geschichte des Straßenbahndepots, ein „Studio für Erinnerungsarbeit und kulturelles Erbe im Kiez“ sowie ein „Planungsbüro Schöneberg“ , in dem Gestaltungsideen für den Stadtraum entwickelt werden. Und nicht zu vergessen: Die grünen Bereiche sollen nach den Prinzipien des urbanen Gartenbaus bepflanzt werden.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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