Die Gegend ist voller Geschichte
Vier weitere Stationen von „Historische Orte sichtbar machen“ eingeweiht

Mit einer kleinen Performance bereichern Künstlerinnen die Eröffnungstour zu den neuen vier Stationen von "Historische Orte sichtbar machen".   | Foto: KEN
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  • Mit einer kleinen Performance bereichern Künstlerinnen die Eröffnungstour zu den neuen vier Stationen von "Historische Orte sichtbar machen".
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„Die Gegend ist voller Geschichte“, sagt Bildungs- und Kulturstadträtin Jutta Kaddatz (CDU). Einiges ist noch sichtbar. Vieles aber verschwunden. Die geschichtlichen Perlen im Schöneberger Norden sollten wieder glänzen.

So wurde 2011 damit begonnen, an der Potsdamer Straße und in ihrer Umgebung Informationstafeln an historisch interessanten „Stationen“ zu installieren – unter Beteiligung von Jugendlichen der Sophie-Scholl-Schule und der Gustav-Langenscheidt-Schule. Projektträger ist der Schöneberger Kulturarbeitskreis in Kooperation mit dem Jugendmuseum. Zwölf solcher Stationen waren es bisher. Jetzt sind vier weitere hinzugekommen.

Die neuen Tafeln mit Bilddokumenten auf der einen Seite, erläuterndem Text auf der anderen Seite widmen sich „toughen Frauen“, so Stadtrat Jörn Oltmann (Grüne) zum Auftakt eines Einweihungsrundgangs unter dem Motto „Historische Orte mit Charme“, und vor allem der lesbischen Szene, die seit den 20er-Jahren im Kiez aktiv ist.

Sibylle Nägele und Joy Markert vom Literatur-Salon Potsdamer Straße, der für Konzept und Texte der Tafeln 2018 verantwortlich zeichnet, führten zu den neuen Stationen. Sie laden ein, die Gegend zu erkunden: vom einstigen Königlichen Botanischen Garten bis zum Hochbunker an der Pallasstraße, von der Malschule für Künstlerinnen und dem Viadukt im Häuserblock bis zu einer „versteckten Badeanstalt“, den Yorckbrücken und dem Crellemarkt.

Nur wenige Schritte entfernt vom Vor-Ort-Büro des Quartiersmanagements Schöneberger Norden, das das Projekt 2011 initiiert hat, befindet sich vor dem Haus Pallasstraße 12 die erste neue Station. Sie erinnert an die Pianistin, Musikpädagogin und Frauenrechtlerin Maria Leo. Ihr größtes Verdienst: die Gründung einer Schule für angehende Musiklehrerinnen 1911 in ihrer geräumigen Achtzimmerwohnung. Weil sie jüdische Wurzeln hatte, wurde der 1873 geborenen Maria Leo in der Nazizeit die Unterrichtserlaubnis entzogen. Vor der drohenden Deportation wählte die Reformpädagogin am 2. September 1942 den Freitod.

Eine Performance von Künstlerinnen und politische Aktivistinnen geleitete die Einweihungsgäste zum früheren Kunstort „Pelze Multimedia“ in der Potsdamer Straße 139. Diese Station ist mit „Ein Ort der Frauenbewegung“ überschrieben. Er ist zunächst Lina Morgenstern gewidmet, die hier lebte, unzählige Frauenprojekte und Vereine mitbegründete und 1896 gemeinsam mit Minna Cauer den Internationalen Frauenkongress in Berlin organisierte.

Seit 1981 ist das Haus in der Hand von Frauen. Damals nannten sie sich „Instandbesetzerinnen“, weil sie Wohnraum für Frauen und Kinder schufen und verschiedenen Projekten Raum gaben. Dazu gehören bis heute der Verein „Frauen unterwegs“ und das Café und Frauenzentrum „Begine“.

Die Säule aus der Zeit des Historismus am Haus Bülowstraße 37 fällt auf. Dank der neuen Info-Tafel erfahren Passanten nun, was es damit auf sich hat. Die Säule gehörte zu einem Hinterhofgebäude. Es war ein Ballhaus, ein Veranstaltungsort mit mehreren Sälen, und seit Weimarer Zeiten ein Treffpunkt für Schwule, Lesben und Transvestiten. Ein Saal war von 1926 bis 1969 ein Kino. 1975 wurde das Gebäude abgerissen.

Die vierte und bislang letzte Tafel ist vor dem Haus Kulmer Straße 20a installiert, ebenfalls ein bedeutsamer Ort für die schwullesbische Community: Hier hatte ab 1974 die „Homosexuelle Aktion Westberlin“ ihren Sitz und wenig später auch das „Lesbische Aktionszentrum“. Seit 1987 befindet sich in der vierten Etage die Lesbenberatung Berlin und seit 2010 in der ersten Etage die Kleinkunstbühne „Theater O-Ton-Art“.

Die zurzeit insgesamt 16 Tafeln sind als Identifikationsorte für die Anwohner gedacht, weniger für Touristen. Die Texte sind nur auf Deutsch verfasst.

Informationen unter www.historische-orte.info.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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