Frau zweitausend Volt
Urania-Medaille an Seyran Ates verliehen

Vor der Verleihung: Preisträgerin Seyran Ates im Gespräch mit Urania-Direktor Ulrich Weigand. | Foto: KEN
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Bei einem Festakt wurde der Anwältin, Autorin und Menschenrechtsaktivistin Seyran Ates am 26. November die Urania-Medaille verliehen. Ates wurde für ihr Lebenswerk geehrt.

Die Laudatio hielt die Bundesministerin für Ernähung und Landwirtschaft, Julia Klöckner (CDU). „Eine ungewöhnliche Laudatorin“, meint Urania-Direktor Ulrich Weigand. Die Ministerin habe sich in verschiedenen Zusammenhängen zu den Themen Migration und muslimische Frauen, Kopftuch, Zwangsverheiratung und Ehrenmord geäußert, so die Preisträgerin. „Sie ist mir sehr nahe“, sagt Ates (56).

Klöckner über Ates: „Seyran Ates ist eine starke, bewundernswerte Frau mit klarem Kompass; eine, die aus innerer Überzeugung handelt, gerade dann hinschaut und ihre Stimme erhebt, wenn es Mut erfordert und Standhaftigkeit und Ausdauer.“ Dafür nehme sie selbst Einschränkungen ihres Alltags in Kauf.

Berlins Senatorin für Gleichstellung, Dilek Kalayci (SPD), gratulierte: „Unsere Gesellschaft braucht Antreiberinnen wie Seyran Ates, die immer wieder ungeduldig anmahnen, dass bei allem Erreichten noch lange nicht von einer Gleichberechtigung der Geschlechter gesprochen werden kann. Und dass wir uns nicht ausruhen dürfen, solange es Frauen, egal welcher Herkunft, gibt, deren Leben von Gewalt geprägt ist.“ Ebenso beglückwünschte Joachim Gauck die Preisträgerin. Im Rahmen der Verleihung führten Seyran Ates und der frühere Bundespräsident ein Gespräch zum Thema Identität. „Ich bin sehr dankbar“, sagt Seyran Ates über die Auszeichnung. „Sie ist eine Bestätigung für meinen Einsatz als politische Aktivistin. Menschen, die nicht selbst aufstehen können, sind stellvertretend ausgezeichnet worden.“ Die Verleihung sei ein besonderes Ereignis, und zwar für beide Seiten, betont Ulrich Weigand. „Ich bin mir bewusst, dass ich mir damit nicht nur Freunde mache“, so der Urania-Direktor.

Seyran Ates – Seyran bedeutet auf Kurdisch „große Reise“, Ates „Feuer“ – kam mit sechs Jahren als Kind von Gastarbeitern nach Berlin. Schon in der Schule wurde sie von ihren Mitschülern „zweitausend Volt“ genannt. Seit 1983 engagiert sich Ates für die Rechte von Frauen. Eines ihrer großen Vorbilder ist Olympe de Gouges (1748-1793). Die Frauenrechtlerin und Verfasserin eines Manifests über die Rechte der Frau und Bürgerin starb während der Terreur unter der Guillotine.

Von 1997 bis 2006 arbeitete Ates als Rechtsanwältin. Nach einer Unterbrechung nahm sie 2012 ihre Anwaltstätigkeit wieder auf. 2017 gründete sie in Moabit die liberale Ibn Rushd-Goethe-Moschee für einen modernen und aufgeklärten Islam. Sie erhält viel Zuspruch. In gleichem Maße wird sie angefeindet und bedroht. Die offizielle Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan sieht in Seyran Ates eine Anhängerin der Gülen-Bewegung und „Vaterlandsverräterin“. Die deutsche Linke wirft der gebürtigen Istanbulerin vor, islamfeindlich und intolerant zu sein.

In der ZDF-Mediathek kann noch der Dokumentarfilm „Die große Reise – Seyran Ates und der Weg zu einem reformierten Islam“ abgerufen werden.

Vor der Verleihung: Preisträgerin Seyran Ates im Gespräch mit Urania-Direktor Ulrich Weigand. | Foto: KEN
Urania-Direktor Ulrich Weigand und die Preisträgerin der Urania-Medaille 2019, die Rechtsanwältin, Autorin, Menschen- und Frauenrechtlerin Seyran Ates. | Foto: KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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