Mutter und Tochter und ganz besondere Bücher
Seit 25 Jahren gibt es den Kindermann-Verlag mit seiner kindgerechten Weltliteratur
Die eigentliche Ideengeberin war Barbara Kindermanns Tochter Anna. Es war ein guter Einfall. In diesem Jahr feiert der Kindermann-Verlag sein 25-jähriges Bestehen.
Begeistert habe sich die Sechsjährige im Fernsehen die Verfilmung von Goethes „Faust“ von Gustaf Gründgens angesehen, erinnert sich Barbara Kindermann. „Faust“ und mehr solcher Geschichten sollten auf kindgerechte Art erzählt werden, dachte sich die promovierte Germanistin daraufhin. Nach Jahren als Lektorin in Göttingen war sie nach Berlin gezogen. „Ich suchte eine neue Aufgabe“, sagt die gebürtige Zürcherin.
Im Erzählen spannender Geschichten aus dem Fundes der Weltliteratur fand Verlagsquereinsteigerin Kindermann eine Nische auf dem hartumkämpften Kinderbuchmarkt. 1994 gründete sie den Kindermann-Verlag (www.kindermannverlag.de).
Ihre Reihe „Weltliteratur für Kinder“, in der sie klassische Werke, bezaubernd illustriert, in leicht verständlicher Prosa für Kinder ab vier Jahre nacherzählt, ist bis heute einzigartig auf dem deutschen Buchmarkt. Und der „Faust“ ist auch nach einem Vierteljahrhundert noch ein „Hammertitel“ im Verlagsprogramm. Neben „Romeo und Julia“ und „Ein Sommernachtstraum“ von Shakespeare sowie „Der Zauberlehrling“ und „Der Erlkönig“ aus der Reihe „Poesie für Kinder“.
Mit „Weltmusicals für Kinder“, „Kinder entdecken Kunst“ und „Besondere Bücher“ sind insgesamt fünf Reihen entstanden. Aktuell sind 47 Titel lieferbar. Jedes Jahr gibt es zwei Neuerscheinungen. Die Erstauflage hat 3000 bis 5000 Exemplare. Für die Nachschöpfung einer Geschichte auf 36 Seiten benötigt Verlegerin und Autorin Kindermann drei bis sechs Monate. „Meine Texte sind zuerst immer zu lang“, verrät sie. Ebenso viel Zeit brauchen die Künstler zum Illustrieren.
„Wir schöpfen aus unserer Backlist, aus den Eversellern, die ständig im Angebot sind, und aus den Lizenzen“, sagt Tochter Anna Kindermann. Die Titel erscheinen in Übersetzung sogar im fernen Südkorea. Anna Kindermann, weitgereiste Kommunikations- und Medienmanagerin mit einem NBA in International Business in der Tasche, arbeitet seit 2015 im Verlag ihrer Mutter mit. „Wir haben uns zusammengerauft, nachdem wir uns bisher ja nur privat kannten“, erzählt Barbara Kindermann.
Das gesamte Verlagsteam besteht aus vier Frauen. Sitz ist heute ein kleines Büro im Neubaukomplex Am Lokdepot in Schöneberg. Gedruckt werden die hochwertig ausgestatteten und in Halbleinen gebundenen Bücher in der Nähe von Magdeburg. „Es ist ein tolles Erlebnis, beim Andruck dabei zu sein“, sagt Anna Kindermann und betont das nachhaltige Wirtschaften des Verlags. Ein Buch in Plastik einzuschweißen, ist längst tabu. Gedruckt wird ausschließlich mit Farben auf pflanzlicher Basis.
Zum Verlagsjubiläum wurde die App „Klassiker für Kinder“ kreiert. In zwei Wochen erscheint Shakespeares magisches Theaterstück „Der Sturm“. „Er fegt durchs Büro“, scherzt Barbara Kindermann. Und noch eine Neuerung wird es geben: Im Januar übernimmt Anna Kindermann die Geschäftsleitung. Sie denkt über eine weitere neue Buchreihe nach, eine mit „erfundenen Geschichten“, vielleicht Einschlafgeschichten, so die Mutter einer neunmonatigen Tochter. „Ich werde dann weniger im Büro sein“, sagt Barbara Kindermann. „Aber ich werde mich immer dafür interessieren, was im Verlag so läuft.“
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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